Nachdem sich einige User (ob nun zu Recht oder auch nicht; siehe auch mein dortiger Kommentar) über die Diskussion von Kernenergie in Deutschland im Erdbeben-Thread beschwert haben, halte ich es für einfacher, einen eigenen Thread aufzumachen, in dem Generelles zur Atomkraft und Spezifisches zur deutschen Politik besprochen werden kann. Ich poste daher noch einmal Spongebobs letzten Beitrag:
Alles anzeigenGestern abend gab es im NDR eine Sendung mit dem Titel "Risiko Atomkraft":
Zwei Filme zum Thema Atomenergie im NDR Fernsehen | NDR.de - Der NDR - Presse - pressemitteilungen
In der NDR Mediathek habe ich die Doku noch nicht gefunden, dafür eine Sendung vom 23.2.2010 mit dem Titel "45Min. Die Atomlüge". Diese scheint im wesentlichen mit der gestrigen Sendung identisch zu sein (wurde gestern halt aufgrund der aktuellen Geschehnisse aktualisiert).
Auf jeden Fall braucht man starke Nerven wenn man sich diese Dokumentation aus dem Alltag deutscher Atomkraftwerke (hier speziell Krümmel) anschaut. Mit welcher Ahnungslosigkeit und Ignoranz die Menschen in der Atomindustrie hier handeln das macht einen schon ziemlich fassungslos.
Bei einem Dreh im Kernkraftwerk tritt z.B. ein tatsächlicher Störfall auf. Warnleuchten gehen an, ein durchdringender Signalton ertönt und die Mitarbeiter im Kontrollzentrum versammeln sich ratlos vor dem Kontrollpult. Einige wälzen dicke Handbücher, finden dort aber auch nichts. Ein Mitarbeiter äußert leise den Verdacht daß wohl ein Ventil defekt ist. Irgendwann geht der Warnton von alleine aus, die Mitarbeiter wirken erleichtert. Später erscheint die Warnung jedoch erneut. Und all das wird vom NDR gefilmt !!! Der Betreiber hat die Ausstrahlung dann auch untersagt, der NDR hat sich jedoch nicht daran gehalten.
In einer anderen Szene wird ein Gutachter interviewt, der eine Häufung der Krebsrate auch abseits von Kraftwerken festgestellt haben will. Bei kritischem Nachfragen stellt sich jedoch heraus daß die Ursache ein technischer Defekt in einer Röntgenpraxis war. Da der Gutachter danach keine Fragen mehr beantworten wollte, verlässt er fluchtartig den Raum. Andere Dinge die noch entlarvt wurden sind z.B. die Einnebelung von Kraftwerken und Katastrophenpläne.
Man kann wirklich nicht glauben daß es hier um Atomenergie geht wenn man sieht mit welcher Harmlosigkeit und Unwissenheit dort gearbeitet wird ! Ich glaube ja daß die besten (und teuersten) Leute der Atomindustrie in den Presseabteilungen und als Lobbyisten beschäftigt sind.
Auf die Rolle der Politik will ich hier gar nicht mehr eingehen. Nur soviel: mit welcher Wendigkeit man jetzt eine 180 Grad Drehung vollzogen hat, und sich jetzt als Vorreiter im Kampf gegen Atomenergie darstellt, das ist nur peinlich. Aber natürlich immer noch besser als wenn man daran festhalten würde. Aber warten wir mal die Wahlen und das Ende des Moratoriums ab ...
Zum letzten Absatz möchte ich anmerken, dass die CDU sich hierbei sehr klug beide Optionen offen hält: a) wir überprüfen alles, setzen erstmal alles aus (von der BZ als "Die Atomwende" gefeiert), so dass der Wähler je nach eigener Stimmung Aussetzen oder Überprüfung gutheißen kann
b) wenn sich die Lage beruhigt hat - über kurz oder lang wird das m.E. wohl auch passieren, siehe Tschernobyl, Ölpest im Golf von Mexiko usw. - und der Wähler sich von seinem Schock erholt hat und über zu hohe Strompreise aufzuregen beginnt, kann man die Verlängerung ja wieder einsetzen.
Ohne jetzt die Grünen allzusehr in Schutz nehmen zu wollen (deren Köpfe ebenfalls Machtpolitiker sind wie alle anderen auch) finde ich es aber auch bemerkenswert, wie ihnen schon wieder vorgeworfen wird, die Lage der Japaner für ihren Wahlkampf auszunutzen, wenn sie nur an ihrer Meinung von über 30 Jahren festhalten, während die CDU solche Spielchen machen kann.
Übrigens noch die Frage, wie man angesichts des Leids der Menschen in Japan eigentlich immer noch Aussagen treffen kann wie "Die Strompreise werden steigen, ihr seid selber Schuld". Ich könnte mir vorstellen, dass so manche Menschen lieber mehr für Strom bezahlen würden, als an Krebs oder Strahlenkrankheit zu sterben.