SdW [21.-27.02.11]: GENESIS - The Colony Of Slippermen

  • Den Instumentalteil am Anfang finde ich geil, einfach eine gute Laune Melodie und der Gesang ist locker, nach dem Motto: Ich gehe an einem schönen Sommertag im Wald spazieren. Dann wird es Genesis-typisch dramatischer und fetziger. Das Outro passt für mich, langsamer Keyboardsound, dauert ja auch etwas bis die "Tube" im Wasser aufschlägt. 14 Punkte

  • ... wartet gespannt auf die Wertungen von Prophet, little Nick und Martinus. Brecher hat ja schon Interessantes geschrieben....

    Tony Banks - der virtuoseste und beste Komponist und Keyboarder!


    Tour 1987: Mannheim / Tour 1992: Hockenheim / Tour 1998: Mannheim / Tour 2007: Frankfurt - Düsseldorf

  • 11 Punkte!

    Ich finde den Song super. Für mich eines der Highlights auf The Lamb. Und Live is er natürlich ganz groß. Alleine wegen dem genialen Kostüm.

    Play me my Song.
    Here it comes again.

  • Interessant finde ich, daß erst neun Leute gepostet haben - bei diesem Album. Allgemeines Grübeln? Ich schließe mich in der Enschätzung meiner Vorposter an: Das Lied ist schwierig (zu beurteilen).


    Das Intro (Arrival) ist sicher gewöhnungsbedürftig, auf der Plattenhülle stand m.E. "Enossifications", das trifft es ganz gut. Es klingt fast schon wie Eno (und Bowie) in Berlin (die Koto in "Neukölln"), aber das ist nur eine Impression. Jedenfalls hat Eno den Jungs über die Schulter geschaut bei den Lamb-Sessions, das ist offensichtlich und das hat Tonys Keyboardeinsätzen gutgetan. Und da eine von Phils guten Eigenschaften musikalische Neugierde ist, hat er ja auch munter bei Enos "Taking Tiger Mountain (by Strategy)" mitgespielt, das im selben Monat wie TLLDOB veröffentlicht wurde. Enofans kommen also auf ihre Kosten.:blah:


    Toller Beat und irrer Grusel-Gesang. So möchte ich den Mittelteil beschreiben (A visit to the doctor)
    Ich finde es höchst bemerkenswert, immer wieder etwas neues an TCOS zu entdecken: Früher war es z.B. die Textzeile"Where the raven flies, ther´s jeopardy", das in Phils Stimme überblendet. Irgendwann waren es diese Rhythmen, diese nicht enden wollende Keyboardfigur.
    Heute habe ich es gehört und zum ersten Mal nach 26 Jahren fielen mir auf, daß Peter im fadeout noch ein paar Worte mehr singt (als im Booklet steht). Kann mir jemand sagen, was er singt?


    Leider kommen die Gitarren in TCOS zu kurz.


    brecher: den Vergleich mit Gentle Giant kann ich auch nur wärmstens unterstützen!


    Ein Lied über Kastrationsängste. Wie...wie angenehm! Dafür habe ich Genesis immer geliebt, daß sie sich getraut haben, auch mal andere Themen anzupacken als "Ich liebe Disch" Oder "Iwannagetoutofthislife"
    Wo wir gerade bei Kastrationsängsten sind, irgendwie muß ich auch immer an die Kakerlaken denken, die in Headley Grange die Wände hochgekrochen sein sollten, während Genesis dort aufnahmen. Daß dann solche Musik rauskam, ist nur konsequent. :blah: :blah:


    Live mit dem Glibbermannkostüm ist das natürlich...unbeschreiblich...mit im Takt wippenden Hoden!
    Da schere ich mich auch nicht um den dem Kostüm geschuldeten Vocal-Sound.
    Live in der Version mit Phil habe ich das Lied immer als Mist empfunden, weil es Phil zur Witznummer macht. Aber das ist eben sein Stil. Schade, daß er es nicht auch anprobiert hat.:mrgreen:


    Da dieses Lied vielleicht noch ein Hauch perfekter hätte werden können, wenn Gabriel nicht so viel Zeit verschludert hätte, was wir ihm nachsehen müssen, gebe ich nur
    14 Punkte

    We can help You

    Einmal editiert, zuletzt von Mr. Plod () aus folgendem Grund: Akronym

  • Früher haben wir immer gesagt: „Da ist Peter Gabriel als Obstsalat verkleidet.“ Heute weiß ich, dass Forentroll P. Immel spätestens bei diesem „Song der Woche“ aus Furcht um die fleischliche Vorlage seiner Namensgebung ganz gewaltig den Schwanz eingezogen, sich wahrscheinlich aber sogar für alle Zeiten aus dem Staub gemacht hätte.


    Für mich sind Genesis hier am Ende von Peters Amtszeit (und dann mit den Alben bis einschließlich „Seconds out“) auf dem Höhepunkt ihres künstlerischen Schaffens. Und die Glibbermänner sind hierfür ein ganz eindrucksvoller, anschaulicher Beleg: Es handelt sich um ein Stück grandioses Musiktheater – rockig, farbig, lebendig, musikalisch subtil, abwechslungsreich und mitreißend, raffiniert hintergründig und mehrschichtig sowie mit Aufsehen erregend absurd-surrealistischer Theatralik, die sich in ein spannendes Gesamtkonzept einfügt.
    Für mich ganz klare 15 Punkte, da Genesis hier eine wirklich anspruchsvolle Stilrichtung der Rockmusik in Vollendung darbieten – da bleiben bei mir keine Wünsche offen.


    Konkreter:
    Das instrumentale Intro ist eine Kollektivimprovisation, die dazu dient, den neuen Schauplatz des Geschehens und das Auftauchen seiner Bewohner atmosphärisch zu charakterisieren: Nachdem Rael die gleichermaßen dramatischen wie rätselhaften Ereignisse im Teich der Lamien und die abgestorbene Szenerie mit den leeren Booten hinter sich gelassen hat, erreicht er nach einer zeitlich sowie räumlich unbestimmten Reise („I wandered lonely as a cloud“) eine schäbige, verdreckte Straße, die ihn aber anzuziehen scheint – besser ausgedrückt: Er wird von den merkwürdigen, ekligen Gestalten in den Bann gezogen, die sich auf der Straße tummeln – und um die unsereins wahrscheinlich nur zu gern einen Bogen machen würde, da man sich wohl kaum abstoßendere Wesen vorstellen mag als diese.
    Die wunderbare, meditative Traurigkeit / Melancholie des vorangegangenen Songs („Silent sorrow in empty boats“) wird nun mit diesem Intro von einem fremdartigen Kolorit abgelöst, welches den Hörer mit einer eigentümlichen Mischung aus dümmlicher, naiver Heiterkeit und untergründig bedrohlicher Wirkung verunsichert: Wo ist man denn hier gelandet?


    [Die hybride Wirkung wird sehr stark durch zwei musikalische Mittel erzeugt. Zum einen sind da die ungewöhnlichen Klangfarben / Sounds, die in ihrer Mixtur eine geradezu groteske Atmosphäre erzeugen. Tonys piepsiger Sound z.B. scheint ja fast eine Art fernöstlicher Exotik zu suggerieren. Genesis gestalten hier – wie so manches Mal gerade auf diesem Album – eine Palette von klanglichen Farbzusammenstellungen, die dem Song eine ganz originelle, einzigartige Reichhaltigkeit beschert.
    Zum anderen werden hier Tonverbindungen unterschiedlicher harmonischer Beschaffenheit bunt zusammengewürfelt: Zwar ist der tonale Bezugspunkt im Intro eindeutig der Ton „e“, aber mal gibt es hier einen Melodiefetzen in Dur, dort dann „zufällig“ in Moll und dann entstehen u.a. sogar phrygische Tonfolgen (mit dem charakteristischen Halbtonschritt von der ersten Stufe e zur zweiten Stufe f), sodass das Intro insgesamt auf instabilen, fragilen Füßen steht. Zudem hat man häufig das Gefühl, dass keine in sich geschlossenen Motive entstehen, sondern quasi „absichtslose“ Phrasen ohne motivierten Anfang und Abschluss. Eingefügte Glissandi und Bendings tun dabei ihr Übriges, sodass der Hörer hier fast den Eindruck einer musikalischen Chimäre bekommt.]


    Rael befindet sich also bei den Glibbermännern, deren Name Programm ist. Sie sind für ihn praktisch nicht zu greifen („his handshake keeps slipping“), wirken in ihrer grotesken Art einerseits fast gutmütig und wohlwollend, dann wiederum aber auch beängstigend überlegen und grausam: Raels glibbriges Gegenüber, das ihn als Ankömmling ausgemacht und begrüßt hat, klärt ihn zunächst darüber auf, dass sie die gleiche Entwicklung durchlaufen („We, like you, have tasted love“) und – wahrscheinlich als Folge dessen – die gleiche Gestalt angenommen haben. Schock! Sollte Rael also wirklich diesen Wesen ähnlich sein? Was ist denn bei den Lamien bloß mit ihm passiert? Er hat sich doch bloß einem Akt uneingeschränkten gegenseitigen Verzehrens (Liebe?) hingegeben…


    Und damit noch lange nicht genug des Entsetzens: Nun spricht der Glibbermann auch noch von einer einsetzenden „Aburteilung“ Raels, und sein Hinweis „You better run and join your brother John“ klingt demnach weniger wie ein wohlmeinender Ratschlag im Guten, sondern eher wie eine brutale Feststellung der Tatsache, dass Rael in unausweichlichen Schwierigkeiten steckt – für mich eine Situation mit deutlich alptraumhaft-kafkaesken Zügen. Denn nun befindet sich Rael mit seinem Bruder John bei DR. BOB – äh, nein: DR. DYPER – der Arzt, dem die Glibbermänner vertrauen, besser gesagt: dem sie ihr „bestes Stück“ anvertrauen…und jetzt ist es unverständlicherweise Rael selbst, der sich seiner anstehenden Entmannung folgsam fügt, indem er dem Doktor sogar das Startsignal gibt: „Don’t delay, dock the dick!“ Sketchup…Schwanz ab…


    [Was mir mit der Zeit immer deutlicher wird: „The lamb lies down on broadway“ hat nicht nur deutliche Züge eines modernen Entwicklungsromans, sondern auch ganz klar einverleibte Elemente des „absurden Theaters“. Und diese finden sich geballt in der „Colony of slippermen“ wieder: Der Songtext selbst weist schon einmal grundsätzlich durch die dialogische Form auf den dramatischen Bereich hin. Und wenn man nun der Einfachheit halber mal den Wikipedia-Artikel zum „absurden Theater“ als Bezugstext nimmt, dann lassen sich folgende Zitate wahrscheinlich mühelos auf den Song (und eben das gesamte Album) beziehen:
    - „Dramen mit grotesk-komischen sowie irrealen Szenen“
    - „In den Stücken der ‚absurden Dramatiker‘ lösen sich die (…) Einheiten der Zeit, der Handlung und des Ortes auf“
    - „unlogische Szenarien, absurde Handlungen und wahllos verknüpft erscheinende Dialogreihen“
    - „moderne Form des Mythentheaters (…) in Zusammenhang mit den Themen- und Fragestellungen der Psychoanalyse“ (wobei das inhaltliche Konzept des Albums – ähnlich wie die Texte Kafkas - eben ausdrücklich nicht nur einseitig im Sinne psychoanalytischer Betrachtungsweisen fassbar ist)
    - „Fortführung der Bestrebungen des Surrealismus“
    - „dramaturgische Gestaltung der obsessionellen Gegensätze (…) [des] eigenen Unbewussten“
    - „Vermischen von tragischen und komischen Elementen“]


    Der Rest der äußeren absurden Vorgänge jedenfalls ist ja schnell erzählt: Rael bekommt seinen Penis in einem Plastikröhrchen ausgehändigt, ein herabstürzender Rabe entwendet ihm dieses, John ist nicht bereit bei dessen Verfolgung zu helfen und der Rabe lässt das gute Stück dann nach Durchquerung eines Tunnels in ein strömendes Gewässer plumpsen. (So so, Peter, wenn du meinst…)


    Zumindest klärt der Begleittext des Albums darüber auf, warum Rael überhaupt ein Interesse daran hat, dem Vogel das Röhrchen mit dem vordergründig nutzlos gewordenen Inhalt wieder abzujagen: Nach rechtzeitiger Anmeldung bei Doktor Dyper („Sehr geehrte Damen und Herren, / hiermit möchte ich die sachgemäße Verwendung meines ehemals fest installierten und von Ihrer Praxis kupierten Geschlechtsorgans für Freitag, d.13.2.74 zwischen 20.00 Uhr und 24.00 Uhr beantragen. Ich versichere, dass ich den Antragsgegenstand mit der Kennnummer 0/8/15 pfleglich und sorgsam behandle und nur zweckgemäß gebrauche sowie Sorge dafür trage, dass keine unbefugten Personen Zugriff darauf haben. Ich erkläre weiterhin, dass ich in der Lage bin, das Objekt technisch angemessen zu bedienen. Ich bin darüber aufgeklärt, dass bei Gewährung des Antrags kein Haftpflichtversicherungsschutz besteht. Sollten während des oben angegebenen Zeitraums Schäden am Objekt oder dem von Ihnen mitgelieferten Zubehör entstehen – gleich welcher Art und aus welcher Ursache heraus -, werde ich zeitnah persönlich dafür haften. / Mit freundlichen Grüßen /Rael“) kann Rael sein abgetrenntes Glied angeblich kurzzeitig noch benutzen dürfen…(aaaaaaaaha, ähm, na ja… Peter, sag mal…war’s so schlimm im Charterhouse-Internat? Oder kannst du dich noch an komische Sachen im Kleinkindalter erinnern? Willst du mit uns noch einmal drüber sprechen? Vielleicht könnte Rael dann auch wieder sein – Dings – für immer zurückhaben?)


    Die Musik ist wunderbar schwungvoll, genau richtig, um den absurden und eben auch schmerzhaften Vorgängen einen humoristischen Unterton zu geben. Exzellente Backing-Vocals, eine entspannt abgroovende Combo (Geil: der „Raven“-Part) mit der nötigen Raffinesse und auch zupackendem Biss, Peter (und Phil) mit allen theatralischen Registern – und ein hervorragender Tony Banks. Dessen Spiel ist hier wirklich faszinierend, pulsierend, mitreißend… der Rabe bekommt ein eigenes Charaktersolo vom Feinsten, mit aller Spielfreude, allem Charme und melodischem Glanz, wie es Tony gerade zu dieser Zeit so unnachahmlich zelebrieren konnte.


    In den vorangegangenen Postings war mehrfach die Rede von Überfrachtung des Songs. Das kann ich gar nicht nachvollziehen, da zum einen der Text ganz linear gestrickt und auf einfache äußere Vorgänge reduziert ist, und zum anderen, weil die musikalische Struktur letztlich eine nur etwas erweiterte „normale“ Strophe / Chorus – Abfolge ist: Mit Intro, Bridge, Solo, Outro und ein paar kleineren Zwischenteilen. Eine chaotisches Überfrachtungsszenario wie beim Text von „Domino“ kann ich da nicht erkennen.


    Und dann fällt der Begriff „sperrig“ hier auch immer wieder. Den fasse ich in diesem Fall so auf, dass natürlich das erwähnte recht einfache äußere Geschehen von inhaltlichen Leerstellen und absurden Rätselhaftigkeiten durchtränkt ist sowie durch einen vordergründigen Mangel an kausalen Zusammenhängen keine so richtig leicht zu entziffernde „Botschaft“ für den Hörer bereit hält. Ich genieße das sehr. Hier habe ich die ausdrückliche Erlaubnis, einen kreativen, vielschichtigen Rezeptionsprozess zu durchlaufen, der hoffentlich nie auf einen letzten Nenner gebracht werden kann.

  • Ich sagte zu "Townman": Schreib doch mal ne Rezi-das ist genial!
    Er sagt: Ach ne, ich habe zu wenig Ahnung, da ich kein Musiker bin.......


    Ich sage: BABEDIBAB! :huhu:





    Sorry dass ich aus unserer privaten Unterhaltung zitierte....
    :rolleyes:

  • He, Colonyslippermen hat nur 13 Punkte vergeben! :gruebel:



    Die Messlatte für eine Punktevergabe bei Genesis ist bei mir sehr hoch, nur SUPPER'S READY würde bei mir die volle Punktzahl bekommen.

    13 Punkte ist daher schon eine sehr gute Wertung von mir.

    :)