Faznet blogt über Bedeutung des Tracks "The Musical Box"

  • Dandelion fand einen schönen Artikel und bat mich aus Zeitmangel, ich möge ihn hier einstellen.


    Autor Philipp Krohn (mit doppel p) von der FAZ ist Wirtschaftsjournalist, mir auch aus anderen Gründen als sehr kernig-gerechter Bewerter bekannt, der komplexe Sachverhalte wunderbar auf den Kern hin analysiert ( hier zu BGHM .)


    In Dandelions Fund thematisiert er das ungerechte Schweigen und Verweigern der Musikpresse gegenüber Prog(ressive)allgemein, sieht Genesis, Yes , VdGG ua. in einem Schattendasein geparkt. Als besonderen Meilenstein des Prog feiert er den Track > The Musical Box <, brilliant abgeleitet mit der Forderung versehen, der Song möge bitte als Meilenstein des Prog klassifiziert werden.


    https://blogs.faz.net/pop-anthologie...-in-honig-351/



    Herrlicher Text, Danke Dandelion.

  • Und ein wichtiger Querverweis

    Zitat

    Und inzwischen gibt es in Steven Wilson einen Künstler, der seit seiner Trennung von der Band Porcupine Tree auch als Solokünstler unter Beweis stellt, dass das Genre nicht so angestaubt ist, wie gern von manchen unterstellt wird.


    Ansonsten ist "uns" das alles ja bekannt.
    Die Frage ist, ob sich jemand, der noch keine Berührung mit The Musical Box hatte, von dem Blogartikel inspirieren läßt...:gruebel:

    I know a farmer who looks after the farm.
    With water clear, he cares for all his harvest.
    I know a fireman who looks after the fire.

    • Offizieller Beitrag

    Naja, dieser Beitrag hat eine große Schwäche, die viele Essays dieser Art haben.
    Die angeblich achso schwächere Spätphase wird als Gratmesser der Qualität der Frühphase verwendet.


    Es ist also so, dass die Siebziger bei Genesis alleine nicht stark genug sind, um als relevant wahrgenommen zu werden. Dazu braucht es dann eine Art Negativ-Spiegel, um das Gegenteil zu vermuten. Das finde ich äußerst schwach.


    Einerseits kann ich in den Solokarrieren und späteren Alben keine generelle Belanglosigkeit erkennen, andererseits hatte auch die Frühphase Schwächen und diverse Peinlichkeiten, die allzu gern verschwiegen werden.
    Dass Genesis später schneller und direkter auf den Punkt kamen - unbestritten
    Dass Genesis aber ihr Progerbe nie geleugnet haben und allen Stilwechseln zum trotz es immer wieder aufblitzte - kann auch kein einer leugnen
    Und dass es vor allem die kommerziell erfolgreichen Spätjahre waren, die letztlich auch der Frühphase quasi posthum ein großes Publikum bescherte, das bezweifelt heute auch keiner mehr.


    Warum also in einem Essay über The Musical Box das Ganze gegen Dance Into The Light und All I Need Is A Miracle aufrechnen? Das ist schon ziemlich arm und wird keinem der drei Stücke gerecht. Viel treffender wäre es gewesen darzustellen, dass Genesis auch viel später noch mit Tracks wie Home By The Sea, Fading Lights oder The Dividing Line den Einfluss der Progjahre auslebten - also allen kommerziellen Erfolgen zum Trotz nie aufhören, genau sowas anzubieten - und das Ganze dann auch noch Bei Stadienrock-Konzerten einem großen Publikum zumuteten. Über diesen Must wird wenig geschrieben, auch nicht, dass Domino oder Home by The Sea absolute Highlights späterer Live-Sets wurden.


    Darüberhinaus: Die Möglichkeiten der Band, ihre verschiedenen muskalischen Ambitionen in teils höchsterfolgreichen Solokarrieren auszuleben, trotzdem Nischen zu finden (Orchestershows, Big Band, Motown, Klassik-Alben etc). Das ist der eigentliche Kern der Sache, der zu Zeiten von The Musical Box seine Quelle hatte.


    So hat der Autor der überwiegend interessanten Zeilen mit pupulistischen Totschlag-"Argumenten" leider sein eigenes Werk völlig belanglos gemacht. Schade.

  • Christian,
    völlig belanglos ist wirklich übertrieben. Der Text ist aus meiner Sicht sehr lesenswert.
    Aber auch wenn ich eindeutig die Gabriel-/Hackett-Jahre bevorzuge, kann ich deine Meinung sehr gut nachvollziehen.
    Die Fans der frühen Jahre schauen schon manchmal bös verächtlich auf die Zeit danach.

  • Gerade im Bezug auf Home by the sea muss ich Christian uneingeschränkt Recht geben. Weder davor noch danach hat Mike raffinierter Gitarre gespielt und vertracktere Töne ins Griffbrett gequetscht. Eine Füllhorn an Spannung, das sich wohltuend über das gesamte Lied ergießt. :)

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.

  • ...also ich bin 100%tig bei herrn krohn. immerhin stimmt alles inhaltlich, nach meinem ermessen. und er hat sogar gewußt wer auf den bildern zu sehen ist.... das ist mehr als wir erwarten können. der rest ist ansichtssache. diese teile ich aber mit ihm...

    TPT:

    2010: Hamburg

    2014: Hannover, Hamburg

    2017: Hamburg, Dresden, München, Stuttgart

    2018: Bremen, Hannover, Berlin, München, Aschaffenburg, Köln

    2019: Pratteln, Stuttgart, Frankfurt, Hamburg

    2021: Amsterdam, München, Pratteln, Stuttgart, Köln

    2022: Aarau, Zoetermeer, Hamburg, Berlin

    2024: Amsterdam, Zürich, Berlin, Köln

    BS:

    2020: Helmond

    2023: Helmond, Paris, Madrid, Barcelona, Bolognia, Milano, Rom, Aschaffenburg, Köln, London

  • Thema des Blogs ist ja nicht der hier so beliebte Vergleich zwischen Progphase und Popphase, sondern dass sich der Prog(ressive) Rock in einer Nische befindet, und das zu Unrecht.


    Interessant ist die Frage, ob z.B. die Pro-Metal-Fans auch The Musical Box und ähnliche Vorfahren hören und mögen, dasselbe gilt für die Neo-Prog-Gattung und ähnliches.
    Wie verbreitet ist denn heute diese Musik und, falls sie relativ populär ist, kann sich die Kenntnis der Ursprünge (z.B. The Musical Box ) auch als doch vorhandene Popularität des alten Prog-Rock werten lassen?
    Ich hoffe, ich habe mich nicht zu kompliziert ausgedrückt :gruebel:

    I know a farmer who looks after the farm.
    With water clear, he cares for all his harvest.
    I know a fireman who looks after the fire.

  • Ein paar Gedanken zum Thema:


    1. Dass relativ komplexe und eher sperrige Musik nicht so viele Fans hat wie einfache Popsongs oder Schlager, ist nicht wirklich erstaunlich. Natürlich finde ich es schön, wenn Versuche unternommen werden, eine Musikrichtung wie Prog bekannter zu machen.
    Am Nischencharakter dieses Genres wird dies aber vermutlich wenig ändern.


    2. Das ist aber auch überhaupt nicht schlimm. Wenn mir etwas gefällt, ist es mir völlig egal, wie vielen Leuten das sonst noch gefällt. Es wäre zumindest für mich auch absurd, Musik deshalb zu hören, weil sie jemand anders hört.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

  • ¨Dass die Karrieren von Collins und Rutherford in Hits wie „Dance Into the Light“ oder „All I Need is a Miracle“ gipfelten, die von einer erschütternden Belanglosigkeit sind, ist das traurige Ende dieser Entwicklung.¨ , meint der Autor.
    Bei Collins eher nicht. Mal In the Air tonight weggelassen hatte Phil auch andere erschütternde Belanglosikeiten wie One more Night, Seperate Lives, Another day in Paradise, etc, etc.:eek:. Das Beispiel für Mike kann man so stehen lassen.
    Der Autor vergleicht The Musical Box mit von mir oben erwähnten Stücken textlich und musikalisch, und hat recht. Im Vergleich ist das wirklich erschütternder Tralala Belanglos-Pop.
    Ob man nun das bevorzugt oder eher die anspruchsvollen Prog-Stücke, bleibt natürlich jedem selbst überlassen.

    Das Leben ist eine Illusion, hervorgerufen durch Alkoholmangel

    Charles Bukowski

  • Was der Autor da zusammenfantasierte, stimmt auf vielen Ebenen nicht. Zunächst einmal war Dance into the light weder der Gipfel, noch das Ende von Collins Karriere. Der Gipfel (was man auch immer von der Musik halten mag) dürfte wohl NJR und But seriously sein. Das Ende ist ja bis heute noch nicht erreicht, so arbeitet Phil ja immer noch beharrlich an der Demontage seiner selbst. Aber selbst das letzte Album mit eigenen Stücken war "DITL" nicht.


    Kurzum, ich sehe es in Bezug auf die Solopfade ähnlich wie Christian, jedoch überkommt mich dann doch ein mehr als leichter Schauer bei dem Gedanken solch ein misstönendes Synthieungeheuer wie Home by the sea oder Domino mit The musical box gleichzusetzen. Nee, das gehört sich einfach nicht.

    Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.