Die Politik ist tot, es lebe die Politik! - kleiner politischer Frühschoppen, Live-Ticker, Austicker und was man sonst noch so zur Meinungsbildung braucht - oder auch nicht...

  • Nunja, schau dir die Konsumenten dieser Musikrichtung an, dann beantwortet sich deine Frage.


    Zumindest sind die Konsumenten dieser Musik vermutlich deutlich jünger als wir alten Säcke hier.


    Und dass die wenigsten 14-jährigen heute Peter Maffay oder Wolfgang Niedecken hören, ist auch nicht wirklich überraschend, denn das ist ja die Musik ihrer Eltern (und Großeltern).


    Der Jugend geht es heute nicht anders als vor 50 Jahren. Die wollen sich musikalisch von ihren Eltern abgrenzen und auch ein Stück weit rebellieren. Und dazu taugt die Rockmusik nicht mehr, weil sie a) kaum neue Stars produziert und b) auch keine neuen Musiktrends mehr generiert.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

    • Offizieller Beitrag

    ...sollte man sich lieber fragen, warum Rap mit derart geschmacklosen und grenzwertigen Texten so beliebt ist.
    ...
    Der Jugend geht es heute nicht anders als vor 50 Jahren. Die wollen sich musikalisch von ihren Eltern abgrenzen und auch ein Stück weit rebellieren.


    Alles soweit vermutlich richtig, soweit es die Jugend betrifft.


    Es gibt aber Plattenfirmen, die Aufnahmen dieser Texte (die Musik können wir außer Acht lassen) finanzieren. Es gibt Vertriebsfirmen, die Aufnahmen dieser Texte unter die Leute bringt. Es gibt Einzelhändler, die die Aufnahmen dieser Texte verkaufen.


    Und die rebellieren nicht. Die wollen Geld verdienen. Und nehmen diese Texte liebend gerne in Kauf, weil die dummen rebellionsüchtigen Jugendlichen ihnen dafür Geld in die Hand drücken. Für einen verharmlosenden und bestenfalls dümmlichen Bezug auf den Holokaust, der als geschmackloses Witzchen daherkommt. Der Jugend mache ich da keinen Vorwurf.

    • Offizieller Beitrag

    Der Jugend mache ich da keinen Vorwurf.


    Sollte man aber ebenfalls. Eben diese Jugend ist entweder so hirnlos, dass sie das "voll krass geil Alter" findet und kauft bzw. so geschichts-ahnungslos, dass sie die Anspielung nicht einmal mehr verstehen. Und dann so abgestumpft, dass es ihnen egal ist bzw. sie dagegen nicht protestieren (oder warum hat z.B. kein einziger jüngerer ECHO-Teilnehmer weder protestiert noch sonst irgendein Statement dazu abgegeben?).

  • Nun gut, die Frage ist doch, wie man mit dieser Art von textlich geschmackloser Musik umgeht.


    wikipedia sagt, dass die ersten beiden Alben dieser beiden Rapper indiziert wurden.
    Die Indizierung ist die schärfste Waffe gegen solche Veröffentlichungen - und gleichzeitig eine sehr stumpfe, denn vielfach wirkt eine Indizierung wie ein "Gütesiegel" - ("Ey Alder, das ist indiziert, krass, muss ich haben")


    Zu dem jetzt oft gelesenen Vorwurf, dass dieser Text "antisemitisch" sei.


    "Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen" - Hiermit wird zunächst einmal lediglich gesagt, dass der Körper von Herrn Bang (oder Herrn Kollegah, ich weiß nicht, wer diese Zeile rappt) anders und "besser" aussieht als der eines KZ-Häftlings. Das ist natürlich ein ziemlich geschmackloser Vergleich und ein armseliger noch dazu. Denn wer auf eine Gruppe von Menschen verweisen muss, die wie kaum eine andere auch optisch für ein geschundenes, gefoltertes und erniedrigtes Menschsein steht, um sich selbst in ein positives Licht zu rücken, der ist offen gesagt eine Wurst.


    Eine explizit antisemitische Haltung in dem Sinne, dass hier Menschen jüdischen Glaubens als Feinde bezeichnet oder bedroht werden sollen, kann ich ungeachtet dessen nicht erkennen. Ich halte es aber für wahrscheinlich, dass der hier gewählte Vergleich bewusst gewählt wurde, um maximal zu polarisieren und damit in die Schlagzeilen zu kommen.
    Das wissen die beiden Rapper, und das weiß natürlich auch die Plattenfirma.

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  • ...(oder warum hat z.B. kein einziger jüngerer ECHO-Teilnehmer weder protestiert noch sonst irgendein Statement dazu abgegeben?).


    Gute Frage!


    Man könnte diesen Leuten Ignoranz vorwerfen und unterstellen, dass sie nur ihre Musik verkaufen wollen und ihnen ethische Maßstäbe egal sind.


    Andererseits: Vielleicht schweigen sie auch bewusst, weil jede Empörung im Stile von Campino-Niedecken-Maffay-Westernhagen auch gleichzeitig wieder Werbung für Kollegah und Farid Bang ist. Und jeder Zeitungsartikel zu diesem Thema ist vielleicht schon einer zuviel, oder glaubt tatsächlich jemand, dass ein signifikanter Teil der Kollegah-Fans nach der Maffay-Schelte jetzt Buße tun wird und in Zukunft Tabaluga-Platten kauft?:rolleyes:

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    • Offizieller Beitrag

    Sollte man aber ebenfalls. Eben diese Jugend ist entweder so hirnlos, dass sie das "voll krass geil Alter" findet und kauft bzw. so geschichts-ahnungslos, dass sie die Anspielung nicht einmal mehr verstehen. Und dann so abgestumpft, dass es ihnen egal ist bzw. sie dagegen nicht protestieren (oder warum hat z.B. kein einziger jüngerer ECHO-Teilnehmer weder protestiert noch sonst irgendein Statement dazu abgegeben?).


    Wenn sie es nicht mehr verstehen, wäre es doch die Schuld der Älteren, die "die Jugend" darüber nicht mehr hinreichend unterrichten (ob innerhalb der Schule oder außerhalb).


    Wenn sie so abgestumpft sind, ... Ich denke, wir müssen uns darüber klar werden, dass gerade ein Umbruch stattfindet. Die Generation, die als Täter oder Opfer beteiligt waren, stirbt aktuell langsam weg. Für uns sind das Dritte Reich, der Zweite Weltkrieg, der Holokaust etwas, das (je nach unserem Alter) unsere Eltern oder Großelten miterlebt haben -
    für die jüngeren Leute heute ist das Geschichte, die haben niemanden mehr in ihrer Familie, die "damit zu tun haben".


  • Ich glaube, muslimischen Antisemitismus mit fehlender Integration zu erklären, ist zu einfach. Dass Antisemitismus allem Anschein nach unter Menschen mit muslimischem Hintergrund weit verbreitet ist, würde ich nicht abstreiten. Allerdings ist Antisemitismus in der deutschen Bevölkerung wohl ebenfalls vergleichsweise stark verbreitet. Es gibt ihn unter Rechten, Linken und in der Mitte der Bevölkerung. Studien gehen davon aus, dass es einen latenten Antisemitismus bei rund 20% der Gesamtbevölkerung gibt (diese Zahl scheint übrigens schon seit langem relativ konstant zu sein). Kürzlich habe ich gelesen, dass weiterhin rund 90% der antisemitischen Strafttaten einen rechtsextremen Hintergrund haben, trotz steigender Zahl von Straftaten mit muslimischem Hintergrund. Wenn Antisemitismus ein Integrationsproblem wäre, würde das ja bedeuten, dass es für Deutsche typisch wäre, nicht antisemitisch zu sein. Dafür scheint mir die Zahl von 20% dann aber zu hoch, das wären dann ja alles "nicht-integrierte" Deutsche. Insofern handelt es sich vermutlich um ein gesamtgesellschaftliches Problem, das durch muslimischen Antisemitismus noch vergrößert wird. Oder umgekehrt: Muslimischer Antisemitismus lässt sich auch durch Integration schwer beseitigen, weil die Wahrscheinlichket, sich mit antisemitischen Äußerungen vom Umfeld gar nicht zu unterscheiden, vergleichsweise groß ist und Antisemitismus entsprechend -- anders als Kopftuch, Ramadan etc. -- höchstwahrscheinlich gar nicht als unterscheidendes Merkmal wahrgenommen wird.


    Die Tatsache, dass antisemitische Äußerungen in den letzten Jahren wieder salonfähig werden, in erster Linie als muslimisches Problem zu betrachten, erscheint mir entsprechend als der Versuch, von einem gesamtdeutschen Problem abzulenken (ähnlich haben sich verschiedene antirassistische Stiftungen wie etwa die Amadeu-Antonio-Stiftung geäußert). Ähnlich übrigens auch bei Sexismus und Homophobie (irgendwo habe ich gelesen, dass zeitgleich mit dem Erstarken der AfD auch ein Anstieg von homophoben und antisemtischen Straftaten stattgefunden haben soll). Ich fand es befremdlich, dass eine Petition, die ich im Herbst 2015 unterschrieben hatte, und die Opfer sexueller Gewalt zu stärken sollte ("nein heißt nein"), zunächst vom Justizministerium unter Heiko Maas abgelehnt wurde, weil das aktuelle Strafrecht ausreichen würde. Im Zuge der Debatten nach Silvester 2015, bei denen es ja in erster Linie um von Migranten begangene sexuelle Übergriffe ging, änderte sich diese Meinung, und eine entsprechende Gesetzesänderung wurde Ende 2016 beschlossen. Hier war also ebenfalls eine als vornehmlich von Migranten ausgehend wahrgenommene Gefahr ausschlaggebend, um die Regierung zum Handeln zu bewegen.


    https://www.frauen-gegen-gewalt.de/Sexualstrafrecht.html


    (Man sollte auch nicht vergessen zu Erwähnen, dass der Tatbestand der Vergewaltigung innerhalb der Ehe in Deutschland bis 1997 überhaupt gar nicht bestand und die Einführung lange auf Widerstand aus CDU und CSU stieß: https://de.wikipedia.org/wiki/…ng#Entwicklungsgeschichte.)



    Was wir dringend brauchen, ist ein Klima, das Integrationsbereitschaft fördert, und zwar ganz ausdrücklich nicht nur seitens der zu integrierenden, sondern vor allem seitens der integrierenden Menschen.


    Ich stimme dir da zu. Gestern hörte ich im Bus ein Gespräch zwischen einem Schüler (möglicherweise mit Migrationshintergrund) und einer Schülerin (wahrscheinlich kein Migrationshintergrund), bei dem der Schüler sich beschwerte, dass immer er ermahnt und weggesetzt würde, auch wenn andere Schüler/innen Unfug gemacht hätten, und dass das ihn total "demotiviere" (seine Wortwahl). Es gibt Studien, nach denen Schüler mit bestimmten sozialen Hintergründen -- und auch Schüler mit bestimmten Vornamen, z.B. Kevin, Justin, Chantal -- häufiger diskriminiert werden als andere. Dazu gehören auch Schüler mit muslimischem Hintergrund, ob dies nun in dem oben genannten Fall zutraf oder nicht. Dass dies dazu führen kann, dass sich die Betroffenen eher über ihren "eigenen" Hintergrund zu identifizieren versuchen, liegt auf der Hand.


    Ich kann mich an mehrere Artikel erinnern, die darauf hingewiesen haben, dass viele junge Muslime aus Deutschland und Österreich, die nach Syrien gegangen sind um sich dem IS anzuschließen, aus Elternhäusern mit besonders gut integrierten und wenig religiösen Eltern stammten. Die Erfahrung, trotz großer Integrationsanstrengung immer als "Ausländer" angesehen zu werden, kann auch dazu führen, dass Jugendliche ihre Identität anderswo suchen, und Islamisten (wie ja übrigens auch Rechtsradikale in strukturschwachen Gegenden, in denen man "eh keine Chance hat") scheinen gut darin zu sein, die gewünschte Anerkennung und Identifikation zu bieten. Eine schweizer Freundin, die in Indien stammt, als Baby aber von schweizer Eltern adoptiert wurde, hat sich schon mehrfach darüber beschwert, dass sie überall immer als "Ausländerin" gilt. Selbst postitiv gemeinte Äußerungen ("Sie sprechen aber sehr gut deutsch") gehen ihr tierisch auf die Nerven. Man mag das vielleicht für übertrieben sensibel halten, allerdings stecke ich auch nicht (wörtlich) in ihrer Haut. Sie möchte jedenfalls keine Kinder haben, weil sie nicht möchte, dass diese diskriminiert werden.


    Zur Frage "fehlende Bereitschaft zum Erlernen der deutschen Sprache" ist meine eigene Erfahrung aus Berlin, dass ich nur sehr selten auf Menschen mit türkischem Migrationshintergrund (soweit ich das erkennen kann) stoße, die nicht augezeichnet bzw. (im Falle der jüngeren) als Muttersprachler Deutsch sprechen. Als früheste Einwanderergruppe der Nachkriegsgeschichte natürlich auch nicht so verwunderlich. Wer häufig überhaupt nicht versucht, Deutsch zu lernen (im Fall einer Bekannten auch nach fast 10 Jahren Lehrtätigkeit an einer deutsch-amerikanischen Schule) sind Menschen aus Großbritannien oder den USA.

    FolkProg bei www.favni.de oder fauns.bandcamp.com und favni.bandcamp.com

  • Wenn dies alles so ist, es also die beschriebenen Lager nicht mehr gibt, die SPD der Politik "ihren" Stempel erfolgreich aufdrücken konnte... ...wie kommt es dann dazu, dass sich viele konservative Menschen derart "unrepräsentiert" von der aktuellen Union fühlen, dass sie sich immer mehr einer vermeindlichen Alternative zuwenden (wenn es doch eben diese Konservative, die all' die Jahre erfolgreich von der Union eingebunden waren, angeblich nicht mehr geben soll)?


    Um noch mal eine alte Frage aufzuwärmen (ich war lange nicht hier...): Ich bin gar nicht so sicher, ob sooo viele Wähler mit der Politik der CDU unzufrieden waren bzw. hat sich das dann offensichtlich nur bedingt durch das Wahlergebnis ausgedrückt.


    Prozentual gesehen haben CDU und CSU bei der letzten Bundestagswahl stark eingebüßt, das stimmt. Was mich aber stutzig macht, ist die Tatsache, dass sie im Gegensatz zu den Umfragen von ca. einer Woche vorher noch einmal stark verloren haben. Vielleicht waren die Umfragestatistiken sehr schlecht. Wenn sie aber einigermaßen realistisch waren, kann man den späten Wählerabgang nicht in erster Linie mit Unzufriedenheit mit der CDU-Politik erklären, denn in der einen Woche ist nicht so viel passiert. Eine mögliche Erklärung wäre, dass ein Teil der Wähler, die noch eine Woche vorher für die Merkel-CDU stimmen wollten, aufgrund des absehbaren Wahlsieges der CDU (und des absehbaren Desasters der SPD) bereits die Koalitionsmöglichkeiten beeinflussen wollten, indem sie z.B. für die FDP stimmten (deren überdeutliches Erstarken kann man wohl kaum vollständig mit Lindners Hipsterphotos erklären, und viel mehr Erneuerung gabs ja nicht) und andere vielleicht sogar für die Grünen oder auch die SPD. Das ist natürlich nur eine Vermutung.


    Es wird aber interessant, wenn man sich die tatsächlichen Wählerstimmen ansieht, die man auf der Seite des Bundeswahlleiters erhält (https://www.bundeswahlleiter.d…hlen/2017/ergebnisse.html). Ich habe mal die Zahlen der letzten Wahlen seit 2002 aufgelistet.


    CDU Erststimmen 2002 15.336.512 CDU Zweitstimmen 2002 14.167.561
    CSU Erststimmen 2002 4.311.178 CSU Zweitstimmen 2002 4.315.080


    CDU Erststimmen 2005 15.390.950 CDU Zweitstimmen 2005 13.136.740
    CSU Erststimmen 2005 3.889.990 CSU Zweitstimmen 2005 3.494.309


    CDU Erststimmen 2009 13.856.674 CDU Zweitstimmen 2009 11.828.277
    CSU Erststimmen 2009 3.191.000 CSU Zweitstimmen 2009 2.830.238


    CDU Erststimmen 2013 16.233.642 CDU Zweitstimmen 2013 14.921.877
    CSU Erststimmen 2013 3.544.079 CSU Zweitstimmen 2013 3.243.569


    CDU Erststimmen 2017 14.030.751 CDU Zweitstimmen 2017 12.447.656
    CSU Erststimmen 2017 3.255.487 CSU Zweitstimmen 2017 2.869.688


    Zunächst einmal fällt auf, dass Merkel 2005 zum ersten Mal Kanzlerin wurde, als CDU und CSU signifikant weniger Zweitstimmen erhielten als bei der Wahl zuvor, bei der Schröder Kanzler blieb.


    Bei der ersten Wiederwahl 2009 wurden die Ergebnisse noch schlechter; jetzt lagen die Zweitstimmen noch einmal weit niedriger.


    Erst die zweite Wiederwahl 2013 bescherte der Merkel-CDU und der CSU ein Hoch, bei dem sie zum ersten Mal mehr Stimmen erhielten als bei der Stoiber-Kandidatur 2002.


    2017 verloren beide Parteien stark. Allerdings erhielten sie immer noch mehr tatsächliche Stimmen als bei Merkels erster Wiederwahl 2009 -- in der ersten Wahlperiode scheint die Partei also mehr falsch gemacht zu haben als in der Wahlperiode 2013-17. Auch wenn man die Ergebnisse mit dem ersten Wahlsieg 2005 vergleicht, ist die Stimmendiskrepanz nicht riesig (689.084 Stimmen im Fall der CDU -- im Vergleich zum Verlust (!) von 1.030.821 Stimmen zwischen der Wahlniederlage von 2002 und dem Wahlsieg von 2005).


    Fazit: CDU und CSU haben also vor allem gegenüber dem Hoch von 2013 stark an Wählerstimmen verloren. Dass sie prozentual so hohe Verluste eingefahren hat, dürfte also zu einem guten Teil an der höheren Wahlbeteiligung liegen, was wiederum nahelegt, dass die AfD zu einem guten Teil von früheren Nichtwählern gewählt wurde (einem Teil der Bevölkerung, der sich auch vorher schon nicht von den vorhandenen Parteien repräsentiert sah, als es noch eine klarere rechts-links-Aufsplittung gab) und dass sich der Wahlstimmenschwund bei der CDU/CSU nicht allein als Abwanderung von Stammwählern zur AfD erklären lässt -- oder dass, wenn dem so wäre, CDU/CSU dafür neue Wählerschichten erschlossen haben. Natürlich ist auch möglich, dass es sich bei den Unterschieden um Wechselwähler handelt -- höchstwahrscheinlich ist es eine bunte Mischung aus allem. In jedem Fall hat die "Merkel-Politik" der Wahlperiode 2013-1017 die Parteien weit weniger Wähler gekostet, als der prozentuale Verlust nahelegt.


    Ich habe mich schon oft gewundert, dass darauf so selten in den Medien hingewiesen wird. Ich habe nicht alle Posts hier gelesen, habe aber beim Überfliegen keinen Hinweis darauf gefunden, dass dies angesprochen wurde.

    FolkProg bei www.favni.de oder fauns.bandcamp.com und favni.bandcamp.com

    • Offizieller Beitrag

    Ich glaube, muslimischen Antisemitismus mit fehlender Integration zu erklären, ist zu einfach.


    Mit dem Begriff "muslimischer Antisemitismus" muss man sehr vorsichtig sein.


    Es gibt unter Muslimen eine außerordentlich weit verbreitete anti-israelische Haltung, die meiner Beobachtung umso stärker ist, je näher an Israel jemand aufgewachsen ist. Das hängt natürlich mit den politischen und historischen Gegebenheiten des Nahen Ostens zusammen, und es hängt damit zusammen, dass nicht nur über Jahre, sondern über Jahrzehnte hinweg dort gegen den Staat Israel gehetzt wird (womit nicht gesagt sein soll, dass es umgekehrt besser sei!). Während meines Studiums hatte ich einen Kommilitonen aus dem Libanon. Er war Moslem, praktizierte seinen Glauben auch, und war jemand, mit dem man alles unternehmen konnte. Dabei auch klug, informiert, wir haben lange und mit Tiefgang über alles von Shakespeare bis Internet wunderbar diskutiert. Aber wehe, das Gespräch kam auf Israel - was er dann von sich gab, war abstoßend. Darüber war auch keine Diskussion möglich, reines Freund/Feind-Denken.
    Aber das ist "Anti-Israel-ismus" oder, genauer, ein Anti-Israel-ismus, der vor allen Dingen in arabisch-muslimischen Nachbarländern Israels verbreitet ist. "Muslimisch" als "dem Islam entströmend" ist er nicht.



    Es gibt natürlich einen "muslimischen Antisemitismus" (und einen "muslimischen Antichristianismus" und einen christlichen Antisemitismus und einen christlichen Antimuslimismus und generell alle Arten von x-lichem Anti-Y-ismus), aber um dieses allgemeine "du bist doof, du glaubst ja nicht mal das richtige" geht es ja gerade nicht.



    Jedenfalls: Antisemitismus ist keine Frage von Integration oder fehlender Integration, solange man sich nicht versucht in rechtsextreme Kreise hineinzuintegrieren.


    Zitat

    Hier war also ebenfalls eine als vornehmlich von Migranten ausgehend wahrgenommene Gefahr ausschlaggebend, um die Regierung zum Handeln zu bewegen.


    Zitat

    Die Erfahrung, trotz großer Integrationsanstrengung immer als "Ausländer" angesehen zu werden, kann auch dazu führen, dass Jugendliche ihre Identität anderswo suchen, und Islamisten (wie ja übrigens auch Rechtsradikale in strukturschwachen Gegenden, in denen man "eh keine Chance hat") scheinen gut darin zu sein, die gewünschte Anerkennung und Identifikation zu bieten.


    Um das zu erleben, genügt es, als Nichtbayer in ein bayrisches Dorf oder eine bayrische Kleinstadt zu ziehen.


    Zitat

    Wer häufig überhaupt nicht versucht, Deutsch zu lernen (im Fall einer Bekannten auch nach fast 10 Jahren Lehrtätigkeit an einer deutsch-amerikanischen Schule) sind Menschen aus Großbritannien oder den USA.


    Das wiederum kann ich aus hiesigem Blickwinkel nicht bestätigen. In meinem Wohnort gibt es eine relativ große Zahl von Leuten aus Großbritannien und Frankreich, die hervorragend Deutsch sprechen. Mal mit mehr, mal mit weniger Akzent. Man sollte dabei auch beachten, dass Spracherwerb deutlich schwieriger wird, je älter der Lerner ist.