• Strictly Commercial ist sicher nicht schlecht.


    Den perfekten Einstieg in die völlig durchgeknallte Zappa Welt bietet meiner Meinung nach jedoch die DVD Baby Snakes. Terri Bozio ist auf dieser DVD einfach nur ganz große Klasse. Außerdem ist Adrian Belew dabei!

  • Hallo,


    ich habe oben genanntes Konzert in Düsseldorf letztes Jahr leider verpasst.
    Jetzt habe ich unser Forum durchsucht und kein Zappa Kapitel gefunden.
    Ich glaube, es ist bestimmt interessant zu lesen, was Ihr so denkt..........


    Christian

    Music is the BEST!

  • habe heute wieder angefangen, die platten chronologisch durchzuhören. bin gerade bei hot rats (kommt morgen dran). zappa liste ich schon gar nicht mehr als lieblingsmusiker - da kommt eh keiner ran. unbeschreiblich kreativ.

    mirror, mirror on the wall - who in this land is
    fairest of all?

  • Hab es leider auch verpasst. Kann aber grimm nur zustimmen: Zappa ist einer der besten Komponisten und Gitarristen von denen ich je gehört habe. Die perfekte Mischung aus Eiern und Gehirn!
    In Bad Doberan findet jährlich die Zappanale statt. Wer also Düsseldorf verpasst hat, hat dort eine excellente Auswahl an zappa-orientierter Musik und auch die Möglichkeit etliche Musiker live zu erleben, die damals in den Zappa-Bands dabei waren.

    Music is the best

  • ich habe mir von Dime das Bootleg Zappa plays Zappa in Seattle im Dezember 06 gezogen. Super Setlist und teilweise mit Vai und Bozzio. Kann ich empfehlen!


    Christian

    Music is the BEST!

  • Grundsätzlich bin ich nicht abgeneigt, mich der obigen Lobpreisung anzuschließen - Zappa war einer der kreativsten Komponisten und Musiker des 20. Jahrhunderts.


    Das ist aber vielleicht trotzdem (oder gerade deswegen) eine gute Gelegenheit, ein ernstes Thema anzusprechen, zumal es bei den bevorstehenden SACD/DVD Veröffentlichungen von Genesis zu einer ähnlichen Frage der Authentizität kommt. Es geht um den Umgang mit historischen Veröffentlichungen, im Falle Zappa durch den "Meister" selbst (bin ich der einzige, bei dem sich das Skrotum zusammenzieht, wenn ich den inflationären Gebrauch des Wortes höre? :eek:) und aktuell die Nachlaßverwaltung durch seine Familie.


    Zappa war ein Mensch, der gerne Dinge änderte - seine Musik, seine Platten, seine Vergangenheit, seine Freundschaften und wenn es sein mußte auch mal gerne die Wahrheit. Daran ist soweit nichts auszusetzen, allerdings trieb sein Modernisierungswahn im Falle seines eigenen Werkes einige seltsame Blüten, die man zumindest hinterfragen sollte. Auf die Dauer ist mir da nämlich ein pauschales, gebetsmühlenhaft wiederholtes "er war halt genial" und "er ist halt der Meister" und deshalb "durfte er sowas" ein bißchen dünn und ein bißchen wenig.


    Was war geschehen? Es fing mit der Einführung der CD an, ein Medium, das von Zappa sehr schnell zum qualitativen Stein der Weisen ernannt wurde. Das allein ist schon bemerkenswert, da Zappa zu analogen Zeiten regelrechter Fundamentalist in Sachen Klangqualität war, aber die (aus heutiger Sicht durchaus berechtigte) Kritik an den technischen Eckwerten der CD niemals teilte.


    Für Zappa war die CD ein komplett neues Medium, und er wollte nicht, daß sie nur der Träger einer zweiseitigen LP ist. Ja ja, ich höre schon wieder den Chor: Nach vorne hätte er geblickt statt nach hinten, genial wäre das halt gewesen, wie alles und immer und überhaupt.


    Also schickte er sich in den 80ern an, zwanzig Jahre alte Platten so umzuändern, daß sie klangen, als wären sie bereits ursprünglich als "richtige CDs" konzipiert gewesen.


    In einigen Fällen hatte das durchaus seine Vorzüge. Wenn z.B. ein langes Gitarrensolo für den Wechsel der LP-Seite aus/eingeblendet wurde, erscheint es hirnrissig, es auf der CD so zu lassen - da möchte wohl selbst der hartnäckigste Archäologe das Stück lieber am Stück hören. Wobei die Frage gestattet sei, warum es denn ursprünglich überhaupt so gesetzt war, auf einer Platte, wo das Konzert *sowieso* bereits ummontiert war.


    Und selbstverständlich war nicht alles von Übel, was Zappa änderte. Beim radikalen Remix von "Hot Rats" (der einigen gefällt und einigen nicht) wurden die LP-Takes durch erheblich längere Takes ersetzt. Auf "Sleep Dirt" ließ er kurzerhand auf nicht weniger als drei Instrumentalstücken Thana Harris neu geschriebene Texte singen und verwandelte somit ein altes 70er Instrumentalalbum weitgehend in ein neues 80er Gesangsalbum. Die neuen Fassungen stießen jeweils - überwiegend - auf das Wohlwollen der Zappa-Gemeinde, aber das darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß die CDs einfach NICHTS mehr mit den ursprünglichen LPs zu tun hatten.


    Aber wie sieht es damit aus: Auf "Fillmore East" befanden sich "Willie the Pimp" Part1 und Part2 am Seitenwechsel. Der Witz war, daß die beiden Teile von verschiedenen Aufnahmen stammten, die so unterschiedlich waren, daß sie nicht zusammenpassen. Also was machte "der Meister" auf der CD? Er ließ den kompletten Part2 einfach weg. Nicht etwa, weil der schlecht war, sondern nur, weil die Pause zwischen Part1 und Part2 ja so geklungen hätte, als wäre hier eine LP-Seite zu Ende. Na ja.


    Noch kritischer wurde es da, wo er anfing, die Aufnahmegeschichte aktiv umzuschreiben. Bei den "We're only in it" und "Ruben & The Jets" LPs entschloß er sich zu einem vollständigen Remix und ReRecording. Als Grund nannte er damals, die Masterbänder wären abgesoffen, weshalb er Instrumente neu einspielen mußte. Das hat damals schon keiner geglaubt, und inzwischen hat die Plattenfirma auch mehrfach bestätigt, daß es schlichtweg gelogen war.


    Also ging er hin und ersetzte sowohl Schlagzeug als auch Bass kurzerhand durch eine moderne, sterile, state-of-the-art Neueinspielung. Das Ergebnis war eine Mischung von alten (mit Mono-Mikrophonen aufgenommenen) Instrumenten mit gelackten Stereo-Instrumenten, die zu jeder Hitparaden New Wave Produktion gepaßt hätten.


    War das auf "We're only in it" extrem ärgerlich, so ist es im Falle von "Ruben & The Jets" schlichtweg eine Katastrophe. "Ruben" mag bei Zappa-Fans nicht das beliebteste Album sein (es ist wohl ähnlich beliebt wie die Single "The Laughing Gnome" in der Bowie-Gemeinde), aber es war in jedem Fall ein genialer (ja, hier paßt es mal wirklich!) Witz.


    Zappa liebte die alten Doo-Wop Platten, mit denen er seine Kindheit verbracht hatte, also ging er mit den Mothers ins Studio und nahm eine "gefälschte" Doo-Wop Platte auf - mit den authentischen Instrumenten und den authentischen Aufnahmegeräten, bis hin zum Kathodenmikrophon. Der ganze Witz an der Platte war, daß sie wie eine echte Platte aus den frühen Fünfzigern klang - mit Ausnahme der letzten Minute des letzten Stücks, wo eine "moderne" Gitarre aus dem Sound herausbricht und den Zuhörer in die Echtzeit der späten 60s katapultiert.


    Diesen Witz (und damit die Existenzberechtigung der Platte) zerstörte Zappa auf der kompletten CD, einfach nur weil das Spielkind alles verändern mußte. Bass und Schlagzeug wurden durchgängig durch moderne Stereo-Versionen ersetzt, und der Sound steht somit anderen Retro-80s-Rock'n'Roll Produktionen der Liga Shakin' Stevens in nichts mehr nach. Um mit Grönemeyer zu sprechen: Was soll das?


    Und dann am Ende der 80er verwandelte sich die Farce zur Tragödie. Zappa erkrankte an Krebs und bekam sehr schnell Metastasen im ganzen Körper - auch in seinem Kopf. Als Folge davon wurde er schwerhörig, konnte bestimmte laut/leise Stufen nicht mehr hören, konnte bestimmte Frequenzen nicht mehr hören und hatte auf seinen beiden Ohren ein völlig unterschiedliches Klangbild.


    Und in diesem Zustand setzte er sich bis zu seinem Tod die Kopfhörer auf und fabrizierte ein "Zappa approved Master" nach dem anderen.


    Die Alben "Sheik Yerbouti", "Tinseltown Rebellion" und "You Are What You Is" mixte er so komplett in Grund und Boden, daß selbst einigen der hartgesottensten "Zappa ist der Meister" Adepten einfach nur schlecht wurde - speziell der rechte Kanal litt unter erheblichen Lautstärkeschwankungen, Drop-Outs und sowohl dumpfen wie verzerrten Passagen.


    Und natürlich kürzte und veränderte er wieder auf Teufel komm raus. Bei "I'm so cute" zum Beispiel schnitt er einfach die letzte Minute weg - Zack und raus. Gründe? Ehrlich gesagt, wahrscheinlich gar keine - vielleicht war es sogar nur ein Versehen. Bei der kompletten "Orchestral Favorites" CD verwechselte er einfach mal so die beiden Kanäle. Wahrscheinlich wollte er der Welt damit Ernst Jandl näher bringen: "Manch einer meint, lechts und rinks könne man nicht velwechsern".


    Und dann verballerte er sein Geld auch noch mit vollen Händen, nur um vorhandene *intakte* CDs durch seine ruinierten zu ersetzen. Die EMI (bei der ich nicht im Verdacht stehe, ein besonderer Sympathisant zu sein) hatte einen klanglich perfekten CD-Transfer von "Sheik Yerbouti" im Handel. Zappa klagte die CD über Jahre hinweg (letztlich erfolgreich) aus den Läden - und heute gibt es nur noch seine eigene kaputte CD zu kaufen.


    Es ist erschreckend, sich klarzumachen, daß es in Zappas Umfeld niemanden mehr gegeben haben kann, der willens oder in der Lage war, ihn zu kritisieren. Es hätte genügt, *einmal* den Kopfhörer falsch herum aufzusetzen, und er hätte hören können, was er da *jahrelang* anrichtete. Aber wenn man seine Biographie liest, wird es klar, daß er sich in der zweiten Hälfte seines Lebens nur noch mit Adepten und unterwürfigen Angestellten umgeben hat, die ihn - zusammen mit seiner ihn liebenden und sklavisch ergebenen Familie - rund um die Uhr anbeteten. Alles war genial, alles war revolutionär, er war der Meister, er war der Gott, er war der Maßstab, er war unfehlbar. Wenn man aber einem "Meister" keinerlei Kritik mehr zuträgt, dann verliert sich jedes elementare Gespür für Qualität und jeder Maßstab für die Realität.


    Ein Teil des Schadens konnte nach seinem Tod behoben werden. Die "We're only in it" CD hat Ryko eines Tages stillschweigend durch den LP-Mix ersetzt, aber die "Ruben"-LP gibt es bis heute nur auf dem alten Vinyl. Die Alben "Tinseltown Rebellion" und "You Are What You Is" wurden 1998 von Spence Chrislu restauriert. Das löste Chaos aus, weil die reparierten CDs die *selbe* Bestellnummer (zum Teil sogar dieselbe Matrixnummer!) hatten - somit gab es einige Zeit lang keine Möglichkeit, die alten/neuen "von außen" auseinanderzuhalten. Erst einige Zeit später wurde im Booklet innen an einer versteckten Stelle die Zeile "digitally remastered for CD in 1998" eingefügt. "Sheik Yerbouti" und anderen CDs aus dieser Phase wurde diese Gnade aber bis heute nicht zuteil.


    Die posthumen Reparaturen und Schadensbegrenzungen ändern allerdings nichts daran, daß Zappa's Werk auf CD inhaltlich nichts mit den ersten 20 Jahren seiner künstlerischen Karriere zu tun hat - es sind im Grunde völlig neue Werke aus den 80ern. Das ist in Ordnung, solange man sie als solches betrachtet - daß aber nachwachsende Hörergenerationen im Plattenladen die "Zappa approved Masters" kaufen und dann im Glauben leben, *das* hätte er *so* in den 60ern und 70ern gespielt, ist ein Irrtum, den man nicht dauerhaft stehen lassen sollte.


    Es ist ein Treppenwitz der Musikgeschichte, daß ausgerechnet Zappa's Wahn, jede Kontrolle an sich reißen zu müssen, jetzt dazu führte, daß seine Familie die Kontrolle verloren hat und deshalb plötzlich gezwungen ist, die authentischen Bänder herauszurücken.


    Zappa lizensierte sein (umgebautes) Lebenswerk an Ryko, die nach Zappas Tod die vollständige Kontrolle über die "Zappa approved Masters" übernahmen. Groteskerweise wurde bald darauf Ryko von der Industrie übernommen, und so ist Zappas Gesamtkatalog wieder genau da, wo er es 20 Jahre lang herausgeklagt hatte: bei der Industrie.


    Der Zappa-Familie, die jetzt von den ganzen Ryko-Ausgaben wohl keinen Cent mehr sieht, bleibt nichts anderes übrig, als die einzigen Bänder zu verwursten, die nicht an Ryko verkloppt wurden: unveröffentlichte Schnippel... und die LP-Masterbänder!


    Letzten November erschien die "Making of Freak Out" Anthologie - eine "Deluxe 4-Disc" Edition und eine "2-Disc" Edition für das gemeine Volk. Disc1 beider Ausgaben enthält - man glaubt es kaum - den unverpfuschten Stereo-Mix der Doppel-LP von 1967, zum ersten Mal (jemals) legal auf CD!


    Ansonsten ist das Ding der feuchte Traum jedes geldgeilen Kapitalisten: Disc2 der Doppel-CD enthält nicht weniger als 7 Titel, die *nicht* auf der "Deluxe 4-Disc" Edition sind, die dafür dann endlose Interviewschnippel auf der 4. Disc bietet, die wir bestimmt alle 100 Mal hören wollen.


    Die Preisgestaltung liegt bei $70 und $33 Dollar in Amiland, wobei die Zappas keine "ausländischen Kreditkarten" akzeptieren - man darf also einen Scheck per Schneckenpost senden (nebst horrenden Bankgebühren), ihr Auslandsporto läßt den finanziellen Spielraum, um ein Extra-Flugzeug dafür zu chartern, und natürlich kommt dann nochmal knapp 20% Zoll in Deutschland drauf (übrigens auf Warenpreis *und* Porto, gell!).


    Wem das zu lästig ist, der kann die Doppel-CD auch bei amazon.de ordern, für den Schnäppchenpreis von 44 Euro ist jeder dabei (die 4er Box bieten sie gleich gar nicht erst an).


    Das ist doch schön, daß eine Familie das Werk eines großen Künstlers jenseits der bösen geldgierigen Plattenindustrie so uneigennützig pflegt. Und wem die Mondpreise der neuen Familien-CDs einerseits und die Raritätenpreise der alten Vinyl-LPs andererseits ein Fitzelchen zu teuer sind, der kann ja die Ryko-Remixe aus den Grabbelkisten fischen und einfach so tun, als wären sie echt.

    "If it's worth doing, it's worth overdoing!" (THE DEEP FREEZE MICE)

  • Yippy-Ty-O-Ty-Ay
    Da kennt sich jemand richtig gut aus. "Meister"-licher Aufsatz;-)
    Kenne leider die ganzen verschiedenen Versionen nicht. Der Großteil meiner Sammlung besteht aus der "Ryko"-Kollektion. Bin ganz zufrieden damit.

    Music is the best

  • ojojojojo........., sehr interessant. Ich habe mich schon gewundert, warum meine Sleep Dirt LP anders ist, als die CD. Jetzt weiß ich es. Vielen Dank. Ich habe aber so an die 70 CD`s von Zappa Records. Ich war auch immer ganz zufrieden damit. Gut, meine LP´s habe ich schon lange nicht mehr gehört. Aber ehrlich gesagt - bin ich so ein Ignorant - ich habe mich nur bei manchen Scheiben gewundert (Sheik Yerbouti z.b.)? Die Sachen, die nach seinem Tod veröffentlicht wurden, fand ich dubios, so dass ich nur noch Lather gekauft habe. Schön, dass es Menschen gibt, die sich mit Zappa so auseinander setzten. Da muss ich leider sehen, dass ich keine Ahnung habe.


    Christian

    Music is the BEST!

  • Um ehrlich zu sein, interessiert mich vor allem das Thema, welches Schindluder die Musikindustrie seit 40 Jahren mit den Abmischungen von Rockmusik betreibt. Das begann Ende der 60er mit den Stereo-Mixes, setzte sich in den 70ern mit den Quadrophonie-Experimenten fort, mündete in das erste Jahrzehnt CD und feiert heute Dank 5.1 erneut fröhliche Umstände. Und um Zappa kam man bei dem Thema dann auch nicht herum.


    Es gibt eine exzellente Website, die alle Variationen und Entgleisungen des Zappa-Katalogs ausführlich behandelt: ZAPPA Vinyl vs. CD

    "If it's worth doing, it's worth overdoing!" (THE DEEP FREEZE MICE)

  • naja, zappa hat die 5.1 mixes damals schon als quad vorbereitet. steht im vorwort zu "quaudiophilac". gebe dir natürlich recht, dass er viel verändert hat. aber er hat seine arbeit immer überarbeitet. ich finde das eigentlich gut. für den musikhistorischen gebrauch gibts ja noch die vinyl mixes auf vinyl. wenn die auch sehr teuer sind.
    was ich persönlich ziemlich fies finde ist, dass auf absolutely free die singles in die mitte gepackt wurden, wass den fluss zerstört.

    mirror, mirror on the wall - who in this land is
    fairest of all?