Unsere Achtziger: Eine Würdigung des besten Musikjahrzehnts aller Zeiten

  • Ein neues Kapitel - und gleichzeitig Halbzeitpfiff!


    Kapitel 26 Doppelte Freiheit hält auch nicht besser

    ODER

    Wham


    Als am 25. Dezember 2016 George Michael im Alter von nur 53 Jahren plötzlich verstirbt, befinde ich mich gerade in der Planungsphase für diese Kolumne. Schon länger steht fest, dass Michael als einer der wichtigsten Künstler der 80er Jahre in meiner Rückblende vertreten sein soll. Da der 25. Juni (sein voraussichtlich 54. Geburtstag) überdies auf einen Sonntag fällt, ist dieser als Zeitpunkt für eine Widmung geradezu prädestiniert.

    Nun aber ist der ehemalige Wham-Sänger tot, und einen weiteren Geburtstag wird es nicht mehr geben. Folglich schreibe ich hier über den Mann, der heute 54. Jahre alt geworden wäre.


    Zunächst einmal muss ich sagen, dass ich im engeren Sinne kein Fan von George Michael bin. Wenn überhaupt, bin ich eher ein Wham-Fan. Und dafür schäme ich mich keinesfalls. Natürlich weiß ich, dass Michael und Andrew Ridgeley im Rahmen dieser 1981 von ihnen gegründeten Band in erster Linie ein kommerzielles Produkt darstellen. Vor allem George Michael muss sich hier maximal verstellen. Bekenntnisse zur eigenen Homosexualität sind noch tabu, gilt es doch, die Bedürfnisse und Tagträume der vorrangig weiblichen Fans zufrieden zu stellen. Und so mimen die beiden schönen Jungs vor der Kamera erfolgreich Sonnyboy und Frauenschwarm und singen ein Loblied auf die heterosexuelle Begierde. Die hier auch visuell inszenierte Täuschung hat viele Jahre lang ziemlich perfekt funktioniert. Zumindest kann ich mich nicht daran erinnern, dass irgendein Mädel aus meiner Klasse diesen Schwindel damals durchschaut. Letzte Zweifel zerstreut dann der Clip der ultimativen Weihnachtshymne meiner Generation. LAST CHRISTMAS (1984) zeigt Michael zwischen den Erinnerungen an eine brünette Ex und der Gegenwart mit einer Blondine im Arm.


    So bitter einerseits dieses verlogene Schauspiel für ihn sein muss, so unterhaltsam ist andererseits die zu diesem Zeitpunkt entstehende Musik. BAD BOYS (1983) und CLUB TROPICANA (1983) sind Botschafter der guten Laune und funkige Wohlfühloasen. Das zweite Album MAKE IT BIG (1984) hat dann gleich ein Trio von Pophits. Neben WAKE ME UP BEFORE YOU GO-GO finde ich vor allem das mit Sixties-Referenzen ausgestattete FREEDOM ausgezeichnet. Und dann ist da CARELESS WHISPER, eine der besten Popballaden aller Zeiten, nicht nur, aber doch auch wegen dieses prägnanten Saxophonmotivs. Vielleicht neben Gerry Raffertys BAKER STREET (1978) und Dire Straits' YOUR LATEST TRICK (1985) die beste popmusikalische Referenz für dieses Instrument überhaupt.


    Wham machen dann noch zwei Jahre weiter, bevor George Michael solo loslegt und sich frei schwimmt. Andrew Ridgeley, ohnehin immer mehr Banddeko als kreativer Support, wird in die Wüste geschickt. Mit I KNEW YOU WERE WAITING (1987) gelingt Michael im Duett mit Aretha Franklin noch ein achtbarer Erfolg. Seine weitere Karriere ist anschließend für mich absolut verzichtbar. Ja, ich muss es leider so klar sagen: Je mehr George Michael mit sich ins Reine kommt, desto langweiliger wird seine Musik. Der ernsthafte, gereifte und sich mit seiner Sexualität versöhnende Künstler Georgios Kyriacos Panayiotou macht menschlich betrachtet einen großen Schritt nach vorne.

    Aber er schreibt nie wieder so tolle Songs wie in seiner Zeit als heterosexuelle Mogelpackung. Nehmen wir zum Beispiel seine Single FREEDOM aus dem Jahre 1990.

    Abgesehen davon, dass die plumpe Übernahme eines Songtitels aus Wham-Zeiten erste kreative Ermüdungserscheinungen andeutet, ist Michaels Solohit nicht ansatzweise so gut wie die Nummer von Wham. Da hilft auch kein Supermodelaufmarsch, sorry.


    Selbstverständlich sei ihm die neue Freiheit menschlich wie künstlerisch gegönnt, aber wenn ich George Michael hören möchte, werde ich bis in alle Ewigkeit lieber Platten von Wham auflegen.


    Definitives Lineup

    George Michael – vocals and (some) keyboards

    Andrew Ridgeley – (some) guitars


    Gegenwart

    Andrew Ridgeley lebt immer noch sehr gut von seinen Tantiemen; musikalisch macht er nichts mehr.


    Weiterhören und Ansehen

    Bad Boys

    https://www.youtube.com/watch?v=hktHI4fGydE

    Club Tropicana

    https://www.youtube.com/watch?v=y4kTAUyIlmI

    Freedom

    https://www.youtube.com/watch?v=BFwOs-jy53A

    Careless Whisper

    https://www.youtube.com/watch?v=izGwDsrQ1eQ


    Lieblingsalbum

    Make it big


    Demnächst

    In Kapitel 27 von „Meine Achtziger“ erleben wir, wie Vier gewinnt.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

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  • Und weiter geht's!


    Kapitel 27 Vier gewinnt

    ODER

    Foreigner


    Gibt es in der Popmusik eine heilige Zahl? Keine Ahnung, aber wenn dem so sein sollte, dann hätte die 4 gute Chancen, diese inoffizielle Ehrung zu ergattern.

    Die Mutter aller Popbands – und gleichzeitig die unerreichte Meisterin dieses Fachs – besteht aus vier Mitgliedern: George, John, Paul und Ringo. Die gleiche Vierfaltigkeit gilt für Queen, The Who, Led Zeppelin, Metallica, ABBA, Depeche Mode (als sie gut waren), Van Halen, Black Sabbath, U2, Coldplay, Pink Floyd (als sie groß waren), sowie für die Red Hot Chili Peppers und wahrscheinlich 444 andere tolle Bands, deren Auflistung hier den Rahmen sprengen würde.


    Was außerdem auffällt: Das vierte Album ist in der Geschichte vieler Künstler oft ein Meilenstein. Mit FOXTROT (1972) besteigen Genesis erstmals den progressiven Rockthron und finden Platz für ihren längsten und meistverehrten Track. TRUE COLOURS (1984) ist (ich schrieb es bereits in Kapitel 14) Level 42s bester Longplayer. Billy Joels TURNSTILES (1976) ist sein erstes richtig gutes Werk mit vielen heutigen Fan-Favoriten. NIGHT AND DAY (1982) von Joe Jackson (sein 4. Album mit eigenem Material) ist kommerziell und künstlerisch ein (wenn nicht der) Höhepunkt in der Karriere des Ausnahmemusikers. Nicht zu vergessen natürlich die IV (1982) von Toto, von der die Popularität der Band bis heute zehrt.


    Schon ein Jahr vor Toto veröffentlichen Foreigner ebenfalls ihr viertes Album. Titel der Scheibe ist ... Trommelwirbel ... „4“. Die britisch-amerikanische Rockband unter Führung von Gitarrist/Hauptsongwriter Mick Jones und Leadsänger Lou Gramm gibt bereits Ende der Siebziger mit COLD AS ICE (1977) eine denkwürdige musikalische Visitenkarte ab. Doch es sind die Songs auf „4“, mit denen sie mich nachhaltig beeindrucken.


    JUKEBOX HERO (1981) beispielsweise, dieser verhalten startende Rocker, der einen mit sanften Synthbässen und einer mäßig stampfenden Basedrum zunächst in Sicherheit wiegt, bis dann urplötzlich bei der schon sehnsüchtig erwarteten Textzeile („He heard one guitar“) Gitarre und Gesang explodieren. Und die unglaubliche Wahrheit dieses Textes: Wie leicht kann man den Reizen von Rock verfallen? Und wie unvergleichbar schwer bzw. unmöglich ist es, davon wieder loszukommen?

    Oder URGENT (1981), diese groovige Wahnsinnsmischung aus Rock und mit Slapbass garniertem Dancefloor, in der selbstverständlich ein Saxophon nicht fehlen darf, welches einem dann förmlich die Gehörgänge frei pustet. Außerdem der gut abgehangene AOR von BREAK IT UP (1982) oder die passable Ballade WAITING FOR A GIRL LIKE YOU (1981).


    Drei Jahre später erscheint das Album AGENT PROVOCATEUR (1984) und I WANT TO KNOW WHAT LOVE IS wird zur absoluten Übersingle. Zu Recht! Das ist Schmalz, aber von der allerfeinsten Sorte, einer der besten Lovesongs der Achtziger.

    Vor dem nächsten Kapitel mit Foreigner gehen Jones und Gramm kurzzeitig getrennte Wege. Während Mick Jones Van Halen's Werk 5150 (1986) produziert, nimmt Lou Gramm ein Soloalbum auf, welches mit MIDNIGHT BLUE (1987) einen kleinen Hit abwirft.

    Mit SAY YOU WILL (1987) und I DON'T WANT TO LIVE WITHOUT YOU (1988) vom Album INSIDE INFORMATION (1987) gibt es dann neue Bandmusik in der bewährten Besetzung. Anschließend ist Gramms Zeit in der Band voerst beendet.

    Mick Jones darf sich mit Billy Joels STORM FRONT (1989) ein weiteres Mal in die Liste der Erfolgsproduzenten eintragen. Darüber hinaus schreibt er zusammen mit Eric Clapton BAD LOVE (1989), einen meiner Lieblingssongs von Mr. Slowhand (nicht zuletzt auch wegen des fantastischen Drummers, der auf dieser Aufnahme zu hören ist).


    Ich muss gestehen, dass ich anschließend den Weg der Ausländer nicht weiter verfolge. Sie sind eine der vielen Bands, die für mich untrennbar mit meiner Jugend verknüpft sind. Eine tolle Zeit, woran der geile Soundtack einen maßgeblichen Anteil hat.


    Definitives Lineup

    Lou Gramm – Lead vocals

    Mick Jones – guitars, keyboards, vocals

    Rick Wills – bass, vocals

    Dennis Elliott – drums, vocals


    Gegenwart

    Die heutige Besetzung der Band unterscheidet sich stark von früher. Mit Mick Jones ist nur noch ein Mitglied der Anfangsphase an Bord, allerdings gibt es Überlegungen zu einer klassischen Reunion.


    Weiterhören und Ansehen

    Break it up

    https://www.youtube.com/watch?v=7m5DIGU10so

    Urgent

    https://www.youtube.com/watch?v=FHnNIoNUZig

    Jukebox Hero

    https://www.youtube.com/watch?v=Ic02W1bWeFU

    I want to know what love is

    https://www.youtube.com/watch?v=raNGeq3_DtM


    Lieblingsalbum

    4


    Demnächst

    Kapitel 28 von „Meine Achtziger“ zeichnet den Weg Vom Vielbandmusiker zur Einmannband.

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    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

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  • N'abend!


    Nachdem ich nun Bergfest feiern konnte (ganz genau befinden wir uns mit 27 von 52 Kapiteln ja mittlerweile schon in der zweiten Hälfte), möchte ich einen kleinen Ausblick darauf geben, was noch kommt. Aber da Spoilern blöd ist, werde ich dies indirekt tun, indem ich zwölf Musiker/Bands nenne, die garantiert nicht mehr auftauchen werden.
    Denn es ist doch so: Die Achtziger sind so pickepackevoll mit großartiger Musik, dass man diese Rubrik getrost auch zwei Jahre (oder noch länger) laufen lassen könnte. Würde dann aber ziemlich lang und wahrscheinlich auch langatmig werden. Also blieb mir nur die Qual der Wahl. Eine ganze Reihe von Interpreten war über eine längere Zeit im Gespräch für eine kleine Abhandlung, hat es dann aber doch nicht geschafft. Die Gründe hierfür sind unterschiedlich, letztlich ohnehin völlig subjektiv. Im Endeffekt waren andere Musiker für mich persönlich zwingender, und die folgenden Damen und Herren sind dann rausgefallen.
    Als kleines Trostpflaster für die von mir Geschmähten möchte ich hier zwölf von ihnen einmal in aller Kürze würdigen. Mit einem Clip und einem Kurzkommentar.

    Duran Duran
    hatten lange gute Karten, aber bei den vielen anderen englischen Acts musste ich irgendwo Verzicht üben. Also ziemlich knapp gescheitert, aber halt nicht mit an Bord. Am liebsten sind sie mir übrigens unter Produzent Nile Rogers, daher zum Anhören NOTORIUS:
    https://www.youtube.com/watch?v=HGDmBLAPikU

    Vielleicht tröstet es Duran Duran, dass auch Kollege Boy George vom Culture Club auf der Strecke blieb. Trotzdem bleibt DO YOU REALLY WANT TO HURT ME ein toller Song.
    https://www.youtube.com/watch?v=2nXGPZaTKik

    Für die Frauenquote hätte ich noch ein bisschen mehr tun können. Vielleicht mit Jennifer Rush?! Möglicherweise war hier der Trash-Faktor zu hoch. Immerhin: Für sie rückte relativ spät eine andere Sängerin nach. Wenn schon Rush, dann aber bitte richtig schön trashig: RING OF ICE. Und für alle, die jetzt aufheulen: Steven Wilsons neuester Streich hat doch ebenso viel Zucker;).
    https://www.youtube.com/watch?v=WJmotvvQgYA


    The Style Council sind toll. Keine Ahnung, warum es für sie nicht gereicht hat. Ist aber so. Weller darf dafür mal ordentlich meckern mit SHOUT TO THE TOP.

    https://www.youtube.com/watch?v=7m94ip38UKs


    Depeche Mode waren wohl zu groß, oder ich dachte mir: Die kriegen schon genug Aufmerksamkeit. Aber EVERYTHING COUNTS ist musikalisch so schön und textlich so weise, dass man es mal wieder hören sollte. Vielleicht gerade jetzt zum G20-Gipfel...
    https://www.youtube.com/watch?v=1t-gK-9EIq4


    Joan Armatrading hätte ich gerne mit dazu genommen, noch dazu als eine weitere schwarze Künstlerin. Aber sie hatte streng genommen ja nur diesen einen geilen Hit.
    DROP THE PILOT. Und dann drop the Joan, sorry...

    https://www.youtube.com/watch?v=ifARMmcqhD8


    Noch etwas Disco gefällig? Ist nicht unbedingt mein favorisiertes Genre, auch wenn Kool and the Gang da einen ziemlich netten Groove spendieren. FRESH ist immer noch eine Nummer, für die selbst ich mich auf dem Tanzflur zum Affen machen würde.
    Gut, dass keiner zusieht...
    https://www.youtube.com/watch?v=sTJ1XwGDcA4


    Van Halen. Geile Band, vor allem mit Sammy Hagar. Aber vielleicht hatte ich JUMP zu oft gehört. Sie sind nicht mit dabei, obwohl ich vier Alben von ihnen habe. Schande über mein Haupt und WHY CAN'T THIS BE LOVE als Buße.
    https://www.youtube.com/watch?v=STVcNX7anGU

    Souliger Pop ist sicher unterrepräsentiert, aber auch Sade musste sich anderen Künstlern geschlagen geben. Ich hoffe, das ist kein Verbrechen. IS IT A CRIME?
    https://www.youtube.com/watch?v=NYz8xs163YU

    Ich hoffe, Murray Head macht sich keinen Kopf, weil er in meiner Liste fehlt. Zum einen war er ein klassisches One-Hit-Wonder. Und dann wäre es auch unehrlich gewesen, hier Musik unterzubringen, die eigentlich von ABBA ist. Nichtsdestotrotz ist ONE NIGHT IN BANGKOK ein Klassiker geworden.
    https://www.youtube.com/watch?v=rgc_LRjlbTU


    Styx haben mit MR. ROBOTO eine persönlichen Favoriten von mir geschaffen. Zu wenig in Anbetracht der großen Konkurrenz.
    https://www.youtube.com/watch?v=CzzZkkiJMv8


    Last but not least der gute John Farnham. Was für eine Stimme! Für meine Stimme hat es dennoch nicht gereicht. Möglicherweise war sein Heimatland schon zu gut vertreten. Mit YOU'RE THE VOICE hat er aber eine der Hymnen dieser Zeit aufgenommen.
    https://www.youtube.com/watch?v=tbkOZTSvrHs

    Tja, bei so viel Ausschluss und Ausschuss werden sich viele fragen, ob denn da noch genügend tolle Musiker und Bands bis zum Ende des Jahres übrig bleiben.
    Keine Sorge, möchte ich da heute schon Entwarnung geben. Das Pulver ist längst noch nicht verschossen. Alles wird gut!


    Also immer schön einschalten!:huhu:

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    8 Mal editiert, zuletzt von mutzelkönig ()

  • Ich hoffe, Murray Head macht sich keinen Kopf, weil er in meiner Liste fehlt. Zum einen war er ein klassisches One-Hit-Wonder. Und dann wäre es auch unehrlich gewesen, hier Musik unterzubringen, die eigentlich von ABBA ist. Nichtsdestotrotz ist ONE NIGHT IN BANGKOK ein Klassiker geworden.
    https://www.youtube.com/watch?v=rgc_LRjlbTU


    Das Musical "Chess" habe ich damals geliebt ! Irgendwo müßte es noch schlummern ... Davon gibt es laut Wikipedia übrigens mehrere Aufnahmen (vom Musical, nicht von dem Song).


    Chess war eines der ersten Alben, die ich mir damals für mein Taschengeld gekauft hatte.

    "There are crawlers under my lambswool feet..."
    (Quelle)

  • [FONT=Arial, sans-serif]Kapitel 2: Deutsche Wertarbeit in Philadelphia [/FONT]
    [FONT=Arial, sans-serif] ODER [/FONT]
    [FONT=Arial, sans-serif] The Hooters[/FONT]


    Die Band habe ich vor wenigen Stunden live gesehen und für nach wie vor sehr gut befunden. :topp:


    In der aktuellen Besetzung spielen die jetzt übrigens auch schon seit 1988 zusammen... Mit Tommy Williams ist vor ein paar Jahren lediglich noch ein weiterer Gitarrist hinzugekommen, so dass die Band nun aus sechs Mitgliedern besteht.

  • Das Musical "Chess" habe ich damals geliebt ! Irgendwo müßte es noch schlummern ... Davon gibt es laut Wikipedia übrigens mehrere Aufnahmen (vom Musical, nicht von dem Song).


    Chess war eines der ersten Alben, die ich mir damals für mein Taschengeld gekauft hatte.


    Und weil es so schön ist, gibt's hier gleich noch mal ein Highlight - die Ballade aller Balladen.


    https://www.youtube.com/watch?v=s2SDInk6voA


    Man vergleiche diesen Song mal mit dem Schrott von heute - dazwischen liegen Welten.

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  • Heute ist wieder ein ganz Großer zu Gast...


    Kapitel 28 Vom Vielbandmusiker zur Einmannband

    ODER

    Steve Winwood


    Der liebe Gott (Atheisten mögen an dieser Stelle die theologische Implikation dieser Formulierung bitte großzügig übergehen) ist schon ein komischer Kauz. Als oberster Produktionsüberwacher in der Fertigungshalle für Menschen trifft er manche Entscheidungen, die man nur schwer nachvollziehen kann. Nehmen wir einmal die Verteilung des musikalischen Talents. Es gibt Menschen mit einem absoluten Gehör, aber auch welche mit absolut keinem Gehör. Und selbst bei denjenigen, die sich Profimusiker schimpfen, gibt es recht unterschiedliche Potentiale. Der eine ist schon froh, wenn er mit viel Übung ein wenig auf der Klampfe schrammeln kann. Der andere soliert quasi im Schlaf pfeilschnell und punktgenau.


    Und dann gibt es noch Leute wie Steve Winwood. An dem Tag, als Winwood das Licht der Welt erblickte, wurde die Talentbörse regelrecht geplündert. Er verfügt nicht nur über eine der besten Soulstimmen im Pop (und das als Bleichgesicht!), er spielt auch fast alle popmusikalisch relevanten Instrumente (inklusive Drums) auf einem ordentlichen Niveau. Darüber hinaus hat er ein unglaublich gutes Gespür für Melodien.

    Man müsste mal recherchieren, welcher Musiker unmittelbar nach ihm geboren wurde. Es muss ein Dilettant sein, schließlich herrschte damals im Talentpool absolute Ebbe.

    Die Darstellung der kompletten Karriere Winwoods würde hier den Rahmen sprengen. Fest steht, dass er in den Sechzigern irgendwann los rennt (KEEP ON RUNNING), später mehrfach im Verkehr stecken bleibt und zwischendurch sehr kurz in einer Supergruppe mit Eric Clapton und Ginger Baker musiziert.


    Irgendwie macht ihn das aber alles nicht glücklich, und irgendwo geht ihm irgendwann ein Licht auf: Mensch, ich brauche doch gar keine Band, ich mach einfach alles alleine, sagt er sich. Gesagt, getan.

    Im Jahre 1980 veröffentlicht Steve sein zweites Soloalbum ARC OF A DIVER mit Winwood himself an Gitarren, Mandoline, Bass, Schlagzeug, Percussion, Klavier, Orgel, Synthesizer und Gesang. Produktion und Abmischung übernimmt er auch noch. Auf diesem Album befindet sich mit WHILE YOU SEE A CHANCE einer seiner besten Songs. Winwood dehnt dabei das klassische Popsongformat ein bisschen, ohne es kaputt zu machen, indem er instrumentale Vor- und Zwischenspiele einbaut. Die Hauptarbeit übernehmen die Tasteninstrumente, und Winwoods charakteristischer Leadsynthisound wird uns auch später noch häufiger begegnen.


    Auf TALKING BACK TO THE NIGHT (1982) probt er mit VALERIE schon einmal für die höchsten Popstar-Weihen und zeigt, dass er Hits schreiben kann. VALERIE bleibt der große Durchbruch aber vorerst verwehrt, bis 2004 ein gewisser Eric Prydz ein Sample aus Winwoods Song für den Dancefloor-Feger CALL ON ME verwendet.

    Steve selbst ist dann 1986 an der Reihe. Sein 4. Solowerk BACK IN THE HIGH LIFE wird sein Opus Magnum. Dieses Mal verfeinert er sein Grundgerüst aus Stimme und Keyboards mit einer illustren Schar aus Studiomusikern und Kollegen: John Robinson, Steve Ferrone und Mickey Curry trommeln, Nile Rodgers und Joe Walsh sorgen für eine stabile Saitenlage und Chaka Kahn und James Taylor für den stimmlichen Mehrwert.

    Die Single HIGHER LOVE (1986) erobert die Spitzenposition der Charts und gewinnt zudem zwei Grammys. Der Titelsong des Albums zeigt, dass Winwood auch in der Kategorie „Ballade“ Meisterliches zustande bringt.


    Mit dem Nachfolgealbum kann er den ohnehin schon großen Erfolg nochmals toppen.

    ROLL WITH IT (1988) erreicht auch in den Albumcharts den Platz an der Sonne, ebenso wie die gleichnamige Single, die Winwood in back-to-the roots-Marnier fast ganz alleine einspielt. Locker und luftig cruist der beste weiße Soulsänger durch sein Repertoire und das Jahrzehnt. Gerne hilft er dabei auch großen Kollegen aus, so auf Billy Joels GETTING CLOSER (1986) und Phil Collins' ALL OF MY LIFE (1989).

    Und der liebe Gott? Der genießt einen seiner wenigen Momente mit dem Gefühl, alles richtig gemacht zu haben. Amen!


    Definitives Lineup

    Steve Winwood – alles


    Gegenwart

    Winwood, der im nächsten Jahr 70 wird, hat sein Arbeitspensum in den letzten Jahren etwas herunter gefahren, tritt aber immer noch gelegentlich auf.


    Weiterhören und Ansehen

    While you see a chance

    https://www.youtube.com/watch?v=0j6g_uUhH2c

    Valerie

    https://www.youtube.com/watch?v=cbKNICg-REA

    Higher Love

    https://www.youtube.com/watch?v=k9olaIio3l8

    Back in the high life again

    https://www.youtube.com/watch?v=k9olaIio3l8


    Lieblingsalbum

    Back in the high life


    Demnächst

    In Kapitel 29 von „Meine Achtziger“ heißt es: Covern macht bundlos glücklich

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

    Einmal editiert, zuletzt von mutzelkönig ()

  • Danke, dass du Steve Winwood zurück in mein Blickfeld gebracht hast! :topp:


    Schon damals mochte ich seine Stimme und die hübschen Keyboardsoli. Und seine Songs sind sehr eingängig, ohne seicht zu sein. Allerdings finde ich rückblickend, dass der Sound manchmal etwas zu sehr nach Plastik klingt.


    In der Liste fehlt meines Erachtens


    Steve Winwood - Night Train,


    das am ehesten in den Bereich des Prog kommt.

  • Man müsste mal recherchieren, welcher Musiker unmittelbar nach ihm geboren wurde. Es muss ein Dilettant sein, schließlich herrschte damals im Talentpool absolute Ebbe.


    Brian Eno wurde drei Tage später geboren. Ein klein wenig Multitalent war also wohl noch da.