Unsere Achtziger: Eine Würdigung des besten Musikjahrzehnts aller Zeiten

  • jau, dann hab ich meine 7 Alben (1981-1996) umfassende Oils-Sammlung mal rausgekramt :)
    Midnight Oil war für mich immer der australische Gegenentwurf zu R.E.M., obwohl R.E.M die jüngere Band ist.


    Zu Diesel and Dust: für mich nur noch teilweise gut zu hören. Klar ist Beds are burning ein Partykracher, aber der Topsong des Albums ist Sell my Soul (empfinde ihn wie einen Gabriel-Song). Songs wie The Dead Heart und Sometimes sind für mich wegen dem grausigen Drumming inzwischen unanhörbar.


    Zu Blue Sky Mining: ebenfalls nur noch teilweise wegen der Drums angenehm zu hören. Die beiden Top-Songs am Ende One Country und Antarctica retten das Album etwas, aber es fällt gegenüber Diesel and Dust etwas ab.


    auch noch kurzfristig wieder gehört: 10,9,8....1 von 1982: wesentlich vielseitiger als D&D, finde ich bislang als bestes Album, unbedingte Empfehlung! Der Song Read about it ist mindestens gleichwertig zu Beds are burning. Scream in blue ist ein kleiner Progessiv-Hammer, wer kopiert hier wen (Hackett)?


    Zum Verständnis: ich bewerte die Songs musikalisch, Texte sind bei mir immer zweitrangig.

  • Zurück in Amerika!


    Kapitel 17 Wenn der Gatte zur Gitarre greift

    ODER

    Pat Benatar


    Von Zeit zu Zeit besuche ich im Internet die Seiten von MTV oder VIVA, um mir die aktuellen Charts reinzuziehen. Ich tue dies nicht aus Geschmacksverirrung oder einer masochistischen Neigung, sondern für den Musikunterricht in der 9b. Manchmal lande ich dabei einen Treffer, der dann zu einer guten Musikstunde führt. Eine gute Musikstunde zeichnet sich dadurch aus, dass außer mir noch 2 – 3 Schüler mitsingen, und der Rest immerhin nicht stört. Schlechte Musikstunden überlasse ich in diesem Fall der Fantasie des Lesers. Nur so viel: Es wird dann mehr geschrien als gesungen.

    Mit den Jahren merke ich, wie es mir immer schwerer fällt, den aktuellen Charthits etwas abzugewinnen. Das Songwriting wird stetig einfallsloser, echte Instrumente werden mehr und mehr durch Computersounds ersetzt. Bands stehen mittlerweile auf der roten Liste. Vor allem wird kaum noch gerockt.


    Während Paula Cole die Cowboys vermisst, frage ich mich: Wo sind denn nur die ganzen Rockröhren abgebliebenen? Stimmen, die einem den Schmalz aus den Ohren pusten konnten. Man könnte denken, dass parallel zum Verschwinden der Glühbirnen auch dieses Mal die EU dahinter steckt. Ein Rockröhrenverbot von Spaßbremsen aus Brüssel getreu der Logik: Wir müssen Energie sparen, also fangen wir gleich beim Singen an. Vielleicht sollte man da mal nachhaken.


    In den Achtzigern ist es noch völlig normal, wenn Sänger oder Sängerinnen mit Gitarren um die Wette kreischen. Auch Pat Benatar mischt in diesem Wettbewerb kräftig mit. Anfangs liegt ihr Schwerpunkt auf dem Covern fremden Materials. Offensichtlich auf der Suche nach einer für sie stimmigen musikalischen Linie interpretiert sie Kate Bushs WUTHERING HEIGHTS (1980) und HELTER SKELTER (1981) von den Beatles. Auf ihrem vierten Album GET NERVOUS (1982) folgt mit SHADOWS OF THE NIGHT eine Coverversion des kurz zuvor in Deutschland sehr erfolgreichen Hits von Helen Schneider.


    Benatar scheint nun ihren Stil gefunden zu haben: Melodischer, gitarrenbetonter Rock, den sie mit ihrer druckvollen Stimme gekonnt in Szene setzt.

    Apropos Szene, pardon, Zähne. Sehr unterhaltsam präsentiert sich ihr Musikvideo zum Song ANXIETY (1982). Es persifliert (m)eine weit verbreitete Angst, nämlich die vor dem Besuch des Zahnarztes. Ihrer hört übrigens auf den fachkundigen Namen „Thomas Pain“.

    Dann kommt 1983, und LOVE IS A BATTLEFIELD wird zu einem Riesenhit. Das begleitende Video zeigt die Sängerin mit der starken Stimme als starke Frau und Rebellin, die sich gegen patriarchalische Strukturen und Machogehabe erfolgreich zur Wehr setzt. Gleichzeitig scheinen feminines Selbstbewusstsein und Sexiness keinen Widerspruch mehr zu bilden. Frauen wie Pat Benatar sagen, wo es lang geht – und dürfen dabei auch noch gut aussehen.


    Mit SEVEN THE HARD WAY (1985) erscheint zwei Jahre später mein Lieblingsalbum von ihr. Es ist ein echtes AOR-Monument. Die Singles INVINCIBLE, SEX AS A WEAPON und LE BEL AGE sind allerbeste melodische Rockkost. Dazwischen verstecken sich weitere Perlen wie das leicht angejazzte WALKING IN THE UNDERGROUND oder die wunderschöne Ballade RUN BETWEEN THE RAINDROPS. Vorzügliche Scheibe!

    Auch das Nachfolgewerk WIDE AWAKE IN DREAMLAND (1988) kann sich hören lassen. Hier hat es mir besonders TOO LONG A SOLDIER angetan, weil sich die Nummer so schön steigert.


    Bleibt mir noch, Annie und Aretha zu zitieren. „Now there was a time, when they used to say, that behind every man there had to be a great woman“, sangen die beiden in ihrem Hit SISTERS ARE DOIN' IT FOR THEMSELVES (1984). In der Tat gilt diese Rollenaufteilung im Zeitalter der weiblichen Emanzipation nicht länger. Bei Pat Benatar scheint sie sich sogar umgekehrt zu haben. Dezent im Hintergrund wirkt seit langer Zeit ihr Ehemann Neil Giraldo mit. Als Songschreiber, Produzent und Gitarrist hat er nicht unerheblichen Anteil an der erfolgreichen Karriere seiner Frau, überlässt dieser aber den Bärenanteil an Ruhm und Aufmerksamkeit.

    Man(n) sieht: Auch im Schatten einer Powerfrau lässt es sich gut leben.

    Kurz vor Sendeschluss erreicht uns noch die Antwort aus Brüssel: „Die EU setzt sich für ein Stimmrecht aller Sänger ein und lehnt neue Schallgrenzen ab.“ Ein zarter Keim der Hoffnung, dass irgendwann auch wieder Röhren rocken werden...


    Definitives Lineup

    Pat Benatar – vocals

    Neil Giraldo – guitar


    Gegenwart

    Das Erfolgsgespann Benatar/Giraldo wird in diesem Sommer in den USA gemeinsam mit Toto auf Tour gehen.


    Weiterhören und Ansehen

    Anxiety (Get nervous)

    https://www.youtube.com/watch?v=sXatoCG13tw

    Love is a battlefield

    https://www.youtube.com/watch?v=IGVZOLV9SPo

    Invincible

    https://www.youtube.com/watch?v=5A4xBp2rizQ

    Don't walk away

    https://www.youtube.com/watch?v=bQTtfdyvSbA


    Lieblingsalbum

    Seven the hard way


    Demnächst

    In Kapitel 18 von „Meine Achtziger“ geht es um ???

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

    2 Mal editiert, zuletzt von mutzelkönig ()

  • [FONT=Arial, sans-serif]Seven the hard way ist das einzige Album von Pat in meiner Sammlung. Das könnte ein sehr gutes Album sein, ja wenn die Drums zu Gunsten der Stimme in den Hintergrund treten würden. So ist es ein weiteres Beispiel von 80er Musik, die ich nicht mehr mag, ausgenommen des Songs Run Between The Raindrops.
    [/FONT]

  • Die heutige Ausgabe wird interaktiv - also viel Spaß beim Raten!


    Kapitel 18 Ein Beitrag aus der Rätselecke

    ODER

    ???


    Woche für Woche ein Text über einen anderen Künstler. Und dann immer möglichst originell und informativ. Das ist gar nicht so einfach, weil die Lust am Schreiben natürlich bestimmten äußeren Einflüssen und Schwankungen unterliegt. Da kann es für die eigene Motivation hilfreich sein, wenn man ab und zu etwas ändert. Daher erscheint der aktuelle Beitrag quasi im „Donnerlippchen-Format“, verbunden mit einer Aufforderung: Ratet doch einmal, über welchen „Prominenten im Sack“ ich hier heute schreibe.


    Unser heutiger Künstler ist männlich und kommt aus England. Er ist ursprünglich Mitglied einer Band, die man aber als relativ erfolglos und unbekannt abhaken kann. Nach deren Auflösung beginnt er eine in der Anfangszeit durchaus erfolgreiche Karriere als Solokünstler. In den Achtzigern entstehen in diesem Zusammenhang einige Songs, die auch heute noch im Radio gespielt werden. Jenseits dieser Dekade macht er – von kleineren Pausen abgesehen - bis heute weiter Musik und veröffentlicht immer wieder neue Alben, die kommerziell bedeutungslos sind, von seinen Fans aber gefeiert werden.

    Als ziemlich großer Fan dieses Künstlers besitze ich selbstverständlich alle Werke und hatte bisher einmal die Gelegenheit, ein Konzert von ihm zu besuchen. Würde ich sofort wieder machen, wenn er mal erneut in meiner Nähe unterwegs ist. Leider kommt dies nur selten vor.


    Das Hauptinstrument von Mr. X ist die Gitarre. Prägnant ist aber vor allem seine einzigartige Stimme, die man problemlos unter Hunderten von Gesangsstimmen heraushören kann. Die Songs schreibt er allesamt komplett alleine. Überdies offenbaren Songwriting und Performance ein musikalisches Potential, das ihn als deutlich überqualifizierten Popstar zeigt. Im Grunde könnte sich der Mann in ganz anderen musikalischen Gefilden austoben. Dass er es nicht bzw. nur ganz am Rande im Rahmen von Gastauftritten tut, ist für die Popmusik sicherlich ein Gewinn.

    Wer zu diesem Zeitpunkt schon sicher weiß, von wem hier die Rede ist, ist entweder eine unglaublich gute Spürnase oder ein wandelndes 80er-Poplexikon. Oder er hat heimlich meine Festplatte ausspioniert. Alle anderen potentiellen Ratefüchse mögen die weiteren Hinweise hoffentlich auf die richtige Fährte führen:


    • Der größte von ihm geschriebene Hit, der Platz 1 seines Heimatlandes erreicht, wird nicht von ihm selbst gesungen
    • 1985 tritt er bei Live Aid auf und spielt außerdem Gitarre auf dem Album einer Musik-Legende, mit der er 8 Jahre später ein Duett aufnimmt
    • Musikjournalist Giles Smith behauptet, die Plattenfirma unseres gesuchten Künstlers habe ihn bei seinem ersten Auftritt bei TOP OF THE POPS dazu aufgefordert, seinen Ehering abzunehmen, um die weiblichen Fans nicht zu verprellen
    • Auf Alben unseres Musikers gibt sich die Schlagzeugerelite ein Stelldichein, es trommeln u.a. Jeff Porcaro, Simon Phillips und Vinnie Colaiuta
    • Als Autor eines lehrreichen, aber auch augenzwinkernden Ratgebers für angehende Popstars konfrontiert er seine Leser u.a. mit der richtigen Erkenntnis, dass in einem Tonstudio alles dreieinhalb Mal so lange dauert wie ursprünglich angenommen
    • Im Jahre 2006 veröffentlicht er einen Song, der in wunderbar expliziter Weise mit George W. Bush abrechnet
    • 2011 ist er als Gastsänger auf dem Album einer englischen Progband zu hören


    Sollte der Groschen nunmehr gefallen sein, empfehle ich, ihn aufzuheben. Ansonsten kann vielleicht noch ein Blick in Richtung Genesis helfen. Herr Unbekannt arbeitet im Laufe der Jahre mehr als einmal mit Mitgliedern unserer Lieblingsband zusammen.


    Definitives Lineup

    ??? - vocals, guitar, keyboards and bass


    Gegenwart

    ??? ist nach wie vor musikalisch aktiv und tritt vorzugsweise in seiner Heimat auf.


    Weiterhören und Ansehen

    wird ergänzt, sobald der gute Mann erraten wurde


    Lieblingsalbum

    Das, welches länger ist, als es heißt


    Demnächst

    In Kapitel 19 von „Meine Achtziger“ gehen wir Auf Tuchfühlung mit einer Leiche

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"

    4 Mal editiert, zuletzt von mutzelkönig ()

  • Bin mir auch ziemlich sicher, Nik Kershaw. Schade, dass er mehr oder weniger in Vergessenheit geraten ist. Seit Spätwerk finde ich persönlich noch stärker als seine Hits aus den Achtzigern.


    Die Musiklegende, war dass Elton John?

  • Ganz klar der auch von mir sehr geschätzte Nik Kershaw. Wobei ich mir angesichts der vielen Tipps peinlicherweise erst nach dem "Riddle" des Lieblingsalbums sicher war. :o


    Mutzelkönig, könntest Du die anderen Tipps bitte noch auflösen? :huhu:

  • Die Lösungsvorschläge der Nachtraben mussten warten, bis ich aufgestanden bin.
    Here we go!


    Keine Ahnung, Chris de Burgh? :D:teufelgrins:


    :nanana: de Burgh ist aber Ire, kein Engländer.



    Zumindest erkenne ich die Stimme aus hundert Gesangsstimmen wieder. ;)


    Einverstanden.:huhu:


    Klingt nach Nik Kershaw.
    .


    Klingt gut. :)


    Seit Spätwerk finde ich persönlich noch stärker als seine Hits aus den Achtzigern.


    Stimmt, besonders die Produktion hat da deutlich gewonnen.



    Die Musiklegende, war dass Elton John?


    Auch richtig! Kershaw spielte Gitarre auf NIKITA und nahm Jahre später mit ihm den Song OLD FRIEND auf.

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"


  • Mutzelkönig, könntest Du die anderen Tipps bitte noch auflösen? :huhu:


    Mach ich gerne.




    • [FONT=Arial, sans-serif]Der größte von ihm geschriebene Hit, der Platz 1 seines Heimatlandes erreicht, wird nicht von ihm selbst gesungen [/FONT]

    Das war THE ONE AND ONLY (1991), gesungen von Chesney Hawkes.




    • [FONT=Arial, sans-serif]1985 tritt er bei Live Aid auf und spielt außerdem Gitarre auf dem Album einer Musik-Legende, mit der er 8 Jahre später ein Duett aufnimmt [/FONT]

    [FONT=Arial, sans-serif]Kershaw steuert Gitarre und Backing Vocals für Elton Johns NIKITA bei.[/FONT]
    [FONT=Arial, sans-serif]Für das Album DUETS (1993) schreibt er den Song OLD FRIEND, den er gemeinsam mit John singt.[/FONT]
    [FONT=Arial, sans-serif]
    [/FONT]

    • [FONT=Arial, sans-serif]Musikjournalist Giles Smith behauptet, die Plattenfirma unseres gesuchten Künstlers habe ihn bei seinem ersten Auftritt bei TOP OF THE POPS dazu aufgefordert, seinen Ehering abzunehmen, um die weiblichen Fans nicht zu verprellen [/FONT]

    [FONT=Arial, sans-serif]Nachzulesen in LOST IN MUSIC (Giles Smith) auf den Seiten 129 - 141[/FONT]



    • [FONT=Arial, sans-serif]Auf Alben unseres Musikers gibt sich die Schlagzeugerelite ein Stelldichein, es trommeln u.a. Jeff Porcaro, Simon Phillips und Vinnie Colaiuta [/FONT]

    Jeff Porcaro trommelt auf WALKABOUT (THE WORKS), Simon Phillips ist auf den Alben RADIO MUSICOLA und YOU'VE GOT TO LAUGH zu hören, Colaiuta ist der Hauptdrummer auf THE WORKS.




    • [FONT=Arial, sans-serif]Als Autor eines lehrreichen, aber auch augenzwinkernden Ratgebers für angehende Popstars konfrontiert er seine Leser u.a. mit der richtigen Erkenntnis, dass in einem Tonstudio alles dreieinhalb Mal so lange dauert wie ursprünglich angenommen [/FONT]

    Das Buch heißt SPILLING THE BEANS ON ... MAKING IT IN MUSIC (2001), und ich möchte es an dieser Stelle nochmals empfehlen. Ist eine unterhaltsame Lektüre für alle, die Musik ihr Hobby nennen und bisweilen schon mal vom großen Durchbruch träumten.




    • [FONT=Arial, sans-serif]Im Jahre 2006 veröffentlicht er einen Song, der in wunderbar expliziter Weise mit George W. Bush abrechnet [/FONT]

    [FONT=Arial, sans-serif]Der Song heißt LOUD, PROUD,CONFIDENT AND WRONG.[/FONT]




    • [FONT=Arial, sans-serif]2011 ist er als Gastsänger auf dem Album einer englischen Progband zu hören [/FONT]

    [FONT=Arial, sans-serif]Kershaw singt den Song MEMO auf dem Album THE KING OF NUMBER 33 der englischen Progband DeeExpus. Auch sehr hörenswert![/FONT]



    [FONT=Arial, sans-serif]Last but not least: Die beiden Genesis-Mitglieder, mit denen er zusammen gearbeitet hat, sind natürlich Tony Banks (Gesang und teilweise Songwriting bei 3 Songs auf STILL) und Steve Hackett (Kershaw singt THE LAMIA auf Hacketts zweitem GENESIS REVISITED).
    [/FONT]

    But we never leave the past behind, we just accumulate...

    "Von jedem Tag will ich was haben

    Was ich nicht vergesse

    Ein Lachen, ein Sieg, eine Träne

    Ein Schlag in die Fresse"