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Phil Collins Plays Well With Others

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Die kreativen Köpfe von The Musical Box:
Serge Morissette und Sébastien Lamothe

Ein Interview zur A Trick Of The Tail-Tour 2008 - Frankfurt, 03.10.08


it: Wenn ihr die Trick Of The Tail-Show mit den vorherigen Shows vergleicht, die ihr gemacht habt – wo liegen die Hauptunterschiede, was ist ähnlich?

Serge: Auf der visuellen Seite ist es eine Fortsetzung von The Lamb in Bezug auf die Dias. Sie haben Filme miteingebunden, es geht also einen Schritt weiter: Erst waren es Leinwände mit Dias, jetzt also Filme. Die Kostüme haben sich natürlich verändert; es gibt nämlich nur noch ein Kostüm, aber das ist auch nicht der Kern der Show, sondern nur ein freundlicher Gruß an die eigene Vergangenheit. Es passte zum Stück, aber war völlig anders [als bei früheren Shows]. An das Beleuchtungsthema sind sie genauso herangegangen. Sie hatten denselben Lichttechniker, aber einen neuen Effekt, nämlich den Laser. Damals waren sie die erste Band, die einen Laser auf die Bühne brachte. Das war schon wirklich der Beginn des großen Lightshow-Erlebnisses. Genesis haben da immer schon einen großen Aufwand getrieben.

Sébastien: Musikalisch war es genauso. Dieselbe Herangehensweise, meine ich. Die Dynamik in der Gruppe änderte sich natürlich. Gabriel war ja weg. Ich könnte mir auch schon vorstellen, dass die Dynamik im Studio eine ganz andere war, aber ... Vor allem stand die Band ja unter enormem öffentlichen Druck. Sie wussten, das musste jetzt etwas werden, und das merkt man dem Album auch an. Die Performance ist wirklich zutiefst beeindruckend. Jeder einzelne hat versucht, seine Fähigkeiten zu erweitern, viel Musik einzubringen, viele komplizierte kleine Dinge, viel Arbeit im Studio, auch viele Überspielungen. Sie wollten soviel Eindruck machen wie sie nur konnten. Vom Rhythmus waren viele Leute sehr beeindruckt, selbst in der Band, von musikalischen Teilen wie dem, den wir den Bogen, das Keyboardsolo in Robbery, Assault & Battery nennen, wie das geschrieben ist, getaktet, der Rhythmus – das ist alles sehr beeindruckend. Natürlich ist das auch eine sichtbare Erweiterung dessen, was sie schon bei The Lamb zu tun anfingen.
Ich glaube, bei diesem Album hätten sie es nicht besser auf den Punkt bringen können, es sei denn bei den Texten mehr Platz für lyrische Elemente zu lassen, gerade bei [den Songs aus der] Gabriel[ära] und den ganzen Lyrics, die er hatte und so – und mehr Instrumentalteile zu spielen.

it: Was hat sich geändert bei den alten Stücken, die ihr jetzt spielt und die Genesis 1976 spielten?

Sébastien: Nun, natürlich versuchen wir Änderungen und kleine Umarrangierungen einzubringen, wie sie sie 1976 spielten. Das ist unser Ziel. Das wollen wir immer tun. Der Hauptunterschied liegt vor allem in den Texten. Phil Collins versuchte es ein bisschen mehr seiner Stimme, seiner Bühnenerscheinung anzupassen, aber jenseits davon, auf der musikalischen Seite, war es immer ziemlich das gleiche: Die Rhythmen wurden lockerer, das kam von Phil Collins und Mike Rutherford folgte ihm da seit 1973. Man darf auch nicht vergessen, dass sie diese Stücke unter hohem Druck im Studio geschrieben haben und dann damit monatelang auf Tour gingen. Sie gingen ins Studio, schrieben ein neues Album, gehen auf Tour – für Genesis ging es ja nahtlos weiter. Natürlich entwickeln sich die Riffs, die sie zwei, drei Jahre zuvor geschrieben haben – sie können ja noch besser spielen, wollen es auf eine neue Art versuchen, wollen auch jammen. Die rhythmischen Aspekte der Stücke sind oft eher improvisiert, sind lockerer. Wir haben all diese Versionen von kleinen Soloteilen, mehr Instrumentals – aber wo es um den Kern des Stückes geht – da betrifft es meistens Tony Banks oder Steve Hackett – wird gespielt, was geschrieben wurde. Also die Hauptmelodie, die Hauptstruktur, und weil das ihre [Steves und Tonys] Aufgabe ist, kommt es recht selten vor, dass sie irgendwas von sich aus ändern. Es sind vor allem die Rhythmusteile, die sich entwickeln und etwas improvisierter werden.

it: Habt ihr da eure Richtung geändert? Vor zehn Jahren wolltet ihr spielen, wie es auf dem Album klang. Wollt ihr jetzt spielen, wie Genesis live klangen?

Sébastien: Nein, ich würde sagen, wir ... Ich mag den Ausdruck nicht, weil wir immer sagen, dass wir keine Kompromisse machen. Wir machen immer dasselbe: Wir bringen Liveeffekte mit ein, wenn sie nur live passierten. Dann, finden wir, müssen wir sie auf die Bühne bringen, weil sie Teil des Liveerlebnisses und der damaligen Darbietung sind. Wir versuchen da schon die Realität abzubilden. Manche Sachen, das berühmte Schlagzeugduett zum Beispiel, wo zwei Schlagzeuger gleichzeitig spielen, gibt es ja nicht als Studioaufnahme. Das ist aber eine Energie, die wir auf die Bühne bringen wollen, weil es ja wirklich dazugehört. Meistens folgen wir hier der klassischen Methode von The Musical Box: Die Stücke von Trick Of The Tail werden wie gehabt in der Studioversion gespielt. Alle anderen Stücke kommen ja aus der Vergangenheit. Sie wurden modifiziert, verändert, arrangiert, für zwei Schlagzeuger neu arrangiert und das wollten wir auf die Bühne bringen. Es ergibt keinen Sinn, diese Stücke wie im Studio zu spielen, weil es sie so bei Genesis nicht mehr gibt. Supper’s Ready ist 1976 nicht dasselbe Supper’s Ready wie 1972. Das dann trotzdem so zu spielen, wäre sinnlos.

Serge: Wir haben nur ein paar Dinge geändert, zum Beispiel ist die Einleitung von Supper’s Ready akustisch, nicht elektrisch. Das sind Entscheidungen, die wir getroffen haben. Die Einleitung von Firth Of Fifth haben wir beibehalten, obwohl sie sie [1976] nicht live gespielt haben. Das sind so Sachen, die wir wie auf der Studioversion spielen, weil es für die Darbietung keinen Unterschied macht, wir aber das Ziel beibehalten, die Studioversionen zu spielen, wenn wir können. Manchmal ergibt das aber, wie Sébastien sagte, keinen Sinn, weil Phil eben anders ist. Phil singt Supper’s Ready auf seine Art, also mussten wir das Stück verändern, damit es dazu passt, wie er es singt.

Sébastien: Oder auch das Bruford-Erlebnis von Genesis. Genesis betonen ja heute noch, wie wichtig es für sie war, eine solche musikalische Persönlichkeit bei sich auf der Bühne gehabt zu haben. Man kann aber nicht jemanden hinstellen, der wie Bill Bruford Schlagzeug spielt und dann erwarten, dass er die Studioparts von Phil Collins 1972 spielt. Das wäre sinnlos. Da ist es dieselbe Geschichte: Die Studioversionen der neuen Stücke von Trick Of The Tail, und dann alle Livearrangements, die bei den älteren Stücken zum Tragen kommen. So wollten wir das.

it: Was war das Schwierigste daran, die Trick Of The Tail-Tour auf die Beine zu stellen?

Serge: Das Schwierigste?  [überlegt] Alles. Es ist eine gewaltige Aufgabe, eine Show zusammenzubekommen, auch wenn es nur eine Rekonstruktion ist.

it: Du erzähltest vorhin, dass es sehr viel weniger Fotos von der 1976er Show gab.

Serge: Stimmt, es war sehr schwierig, Dokumente von der Show zu finden. Peter war gegangen, die Leute waren nicht mehr so sehr daran interessiert, Bilder zu machen, weil sie nicht wussten, ob es visuelle Effekte geben würde. Also gab es wenige Dokumente. Wir bekamen Zugang zu den Originaldias. Genesis haben uns da sehr unterstützt und geholfen, wo sie nur konnten. Wir fanden sogar ein paar Leute, die an der '76er Tour mitgearbeitet hatten. Sie halfen uns, den Laser und die Blume zu rekonstruieren. Wir hatten also schon ein wenig Hilfe, aber es gab weniger Bilder von der Show als von der davor. Zum Glück gab es einen Film namens Genesis In Concert, so dass wir die Stücke wenigstens visuell kannten. Auch wenn Teile dieses Films mit der Musik rein gar nichts zu tun hatten ... Das Schwierigste war also, Informationen über die Tour zu finden. Und dann fiel mir da noch etwas auf: Als ich Fotos vom Anfang der Tour bekam, waren sie anders als beim Ende der Tour. Die Show hat sich also im Laufe der Tournee verändert. Nicht die Setliste, aber die visuellen Effekte, einige Farben änderten sich, solche Sachen. Auch wenn ich einen kompletten Film der ersten Show gefunden hätte, wäre das nicht so arg interessant gewesen. Sie entwickelten sich. Auf dem letzten Teil der Tour war die Show eher so wie sie sie haben wollten.

it: Eure aktuelle Show ähnelt also mehr der vom Ende der Tournee?

Serge: Ja, genau. Glücklicherweise stammen die meisten Fotos, die ich gefunden habe, eher vom Ende der Tour. Ich habe natürlich viele aus Montreal und Ottawa, denn aus dieser Gegend kommen wir. Das war am Anfang der Tour. Ich konnte also die Unterschiede zwischen ein und demselben Teil der Show am Anfang und am Ende der Tournee in Europa vergleichen. Aber wir bringen die europäische Version.

it: Habt ihr von Genesis die Originaldias bekommen?

Serge: Ja.

it: Schon damals zusammen mit den Lamb-Dias?

Serge: Nein, ich bin noch einmal hingefahren und habe danach gefragt. Sie hatten ein anderes Format und wurden auch separat gelagert. Wir mussten erstmal herausfinden, wie wir sie vervielfältigen konnten, denn es sind sogenannte Super Slides. Das ist nicht das Diaformat, das für The Lamb oder Selling England By The Pound benutzt wurde. Ein quadratisches Format: Das Bild ist quadratisch, nicht rechteckig wie sonst. Wir mussten also einen Weg finden, sie zu kopieren und dann für unsere Show zu verwenden. Wir baten sie darum. Aber sie waren wohl bereit dazu und baten uns ihrerseits zu prüfen, ob die Dias in der Reihenfolge waren; das wollten sie gerne wissen [lacht].

it: Was war vom Musikalischen her am Schwierigsten?

Sébastien: Das ist immer dasselbe. Ich habe das große Glück, mit sehr begabten Musikern und Menschen zusammenzuarbeiten, also ... Wir hatten Gelegenheit, ein paar Sachen von den originalen Tonspuren des Albums anzuhören. Das machte die Arbeit einfacher. Nicht nur einfacher, sondern auch erfreulicher, denn wenn du die Sachen dann aufschreibst, weißt du am Ende wenigstens, dass du es richtig machst statt nur zu raten, was da passiert. Das Schwierigste ist ... Ich hatte ganz vergessen, dass wir seit langem keine neue Show auf die Beine gestellt haben – acht Jahre ist das her, seit wir das zuletzt gemacht haben, und ich hatte ganz vergessen, wieviel Energie und Konzentration dafür nötig sind. Wir werden ja nun auch nicht jünger, also haben wir zur Vorbereitung alles benutzt, was wir bekommen konnten, alle Informationen, alles, um die Arbeit zu erleichtern – das hat natürlich nicht alles abgedeckt, es war immer noch schwierig. Das hatte ich vergessen. Oh ja, es war sehr aufregend und hat viel Spaß gemacht. Aber wir basteln immer noch am Sound. Das ist meine Obsession. Beim Sound von Genesis geht es immer um eine Balance, Tonhöhen, Equalizerprofile und so weiter – der Sound ist so reich und dynamisch, und das versuchen wir abzubilden. Wenn wir da einmal alle Teile zusammengesetzt haben, besteht unsere wirkliche Aufgabe darin, die Sachen nicht nur zusammenzubringen, sondern sie richtig und absolut genau auf jeder einzelnen Konzertbühne wieder so zusammenzusetzen. Wenn man jahrelang bestimmte Stücke mit bestimmten Instrumenten und einer bestimmten Abmischung gespielt hat, gewöhnt man sich daran und kommt auch schnell wieder hinein. Wenn das Ganze neu ist, fängt man von vorne an, und für uns ist das im Moment noch sehr schwierig, weil wir die Tour ja erst begonnen haben. Wir haben lange Wochen gebraucht, bis wir sagen konnten: "Wir haben einen Punkt erreicht, an dem wir uns wohlfühlen mit dem Sound, mit dem, was das Publikum hört." Das war das Schwierigste. Nicht die Proben oder das Anhören der Stücke.

it: Sprechen wir ein wenig über die Sache mit den Sängern. Es gab viel Gerede über Ron, und viele Leute waren enttäuscht, dass Martin [Levac] die Rolle des Sängers nicht übernommen hat. Könnt ihr uns dazu ein bisschen was erzählen?

Serge: Was Martin angeht, denke ich, sollte man ihn fragen, warum er es nicht getan hat.

it: Aber gefragt habt ihr ihn? War es seine Entscheidung ...?

Serge: Ja, es war seine Entscheidung, das nicht zu machen.

Sébastien: Wir haben im letzten Jahr eine ganze Reihe von Leuten angesprochen. Denis zeigte Interesse an der Rolle, und wir dachten darüber nach. Wir haben auch Ron Belgard ausprobiert, der gewissermaßen ein Phil Collins-Klon in Kanada ist. Das hat nicht so geklappt, wie wir uns das vorgestellt hatten. Wir hatten den Eindruck, die Darbietung würde nicht fertig sein, nicht kräftig genug. Also haben wir uns für die interne Lösung entschieden, nämlich, dass Denis Phil Collins darstellt. Viel mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Dies scheint uns derzeit die beste und geschickteste Lösung zu sein.

it: Im Gespräch mit Serge habe ich schon angesprochen, dass es für uns Fans nicht einfach ist, Denis auf der Bühne zu sehen, weil wir immer den Peter in ihm sehen. Und Peter auf der Trick Of The Tail-Show zu sehen, ist ein bisschen schwierig. Das sehen viele Leute mit gemischten Gefühlen.

Sébastien: Ja, nun. Ich meine, das ist es doch eben: Er spielt einfach eine andere Rolle, nicht wahr?

it: Welche Pläne habt ihr für die Zukunft?

Sébastien: Wir haben doch diese Tour gerade erst angefangen, also ist der Plan, erst einmal weiter zu touren.

Serge: Wir werden die Tour im Frühjahr nach Nordamerika bringen, in den Vereinigten Staaten und in Kanada. Also touren wir den ganzen Winter und das Frühjahr.

it: Mit Denis?

Serge: Ja.

it: Gibt es Pläne, vielleicht Denis durch Ron zu ersetzen, wenn er soweit ist?

Sébastien: Da fragst du uns etwas, was wir noch gar nicht besprochen haben. Es gibt keine Pläne. So, wie es ist, funktioniert es und fühlt sich gut an. Alle werden besser in ihren Rollen, das wird sich alles mit der Zeit setzen. Wer weiß? Wir haben mit vielen verschiedenen Leuten gearbeitet, und kommen immer auf dieselben zurück. Manche Leute werfen da mit Namen um sich. Ich wurde kürzlich in einem Interview nach Ron gefragt. Das hat mich schon überrascht. Die Leute verfolgen offenbar, was passiert, aber wir versuchen uns immer von diese Namensspekulation fernzuhalten. Wir wollen für niemanden Werbung machen. Uns interessiert, was Genesis gemacht haben, und wir haben mit Leuten gearbeitet, die sich auch dafür interessieren.
Im Kern wäre unsere Antwort diese: Jemand, der nicht bei uns ist, ist nicht bei uns, weil er nicht wirklich daran interessiert ist, wie wir das machen. Der sieht das eben anders. Diese ganz akkurate Wiedergabe und die Aufführung, die auf entsprechenden Dokumenten von damals beruht – das ist wohl nicht jedermanns Interesse. Aber wir wollen diese Mission sehr klar bewahren. Darum geht es uns seit fünfzehn Jahren. Wer sich damit nicht wohlfühlt, würde nicht mitmachen oder die Band irgendwann verlassen. Oder wir würden uns entscheiden, mit jemand anderem zu arbeiten, der sich mehr dafür interessiert als für sein Image oder seine Karriere.

it: Vielen Dank für das Interview!

Sébastien: Gern geschehen!

Interview: Helmut Janisch
Transkription + Ãœbersetzung: Martin Klinkhardt

 


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