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1977: Steve Hackett verlässt Genesis


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In diesem Sommer [1997] jährte sich der Weggang Steve Hacketts von Genesis zum zwanzigsten Mal. Da dies eine Band-Ära abschloss und eine andere einleitete, möchten wir auf die Hintergründe des Ausstiegs heute noch einmal näher eingehen.

Steve war zur Jahreswende 1970/71 bei Genesis eingestiegen. Nachdem er in Bands, in denen er zuvor gespielt hatte, nicht die musikalische Erfüllung gefunden hatte, erschien ihm Genesis vielversprechend. Ebenso wie Phil Collins, der kurz vorher zur Band bekommen war, stammte Steve aber aus eher bürgerlichen Verhältnissen und war kein Charterhouse-Schüler, im Gegensatz zu Tony, Mike und Peter. Dies bedeutete sicher eine gewisse Kluft, die es zu überwinden galt. Phil hatte dabei wohl weniger Probleme, weil er ein sehr extrovertierter Mensch ist. Steve hingegen war eher in sich gekehrt. Dennoch fasste er im Laufe der Zeit Fuß in der Band.

Die nächsten Jahre waren gezeichnet vom beginnenden Erfolg von Genesis und den positiven und negativen Seiten des ständigen Zusammenseins mit dem Rest der Band. Immerhin waren Genesis in diesen Jahren fast ununterbrochen entweder auf Tour, im Studio oder im Proberaum. Bei den Aufnahmen zu Selling England By The Pound (1973) und zu The Lamb Lies Down On Broadway (1974) begann es in der Band zu kriseln. Peter Gabriels baldiger Ausstieg kündigte sich an und senkte die Grundstimmung in der Band. In dieser Zeit begann Steve wohl an eine Solokarriere zu denken. Nach dem Ende der Lamb-Tour im Mai 1975 nahm Steve dann auch sein erstes Soloalbum, Voyage Of The Acolyte, auf, das im Oktober desselben Jahres erschien und sich in England immerhin auf Platz 26 in den Charts plazierte. Ihm wurde bewusst, dass er auch ohne Genesis erfolgreich sein konnte und fand Gefallen daran, nicht den demokratischen Zwängen der Band zu unterliegen.

Aber bevor er diesen Gedanken zu Ende denken konnte, gingen auch schon die Arbeiten am neuen Genesis-Album los. Es war das erste ohne Peter, und die Band hatte Fans und Kritikern einiges zu beweisen. Steve ging in dieser Aufgabe auf. Doch schon ein Jahr später, als es darum ging, Wind & Wuthering aufzunehmen, wurde Steve immer unzufriedener. Seit Voyage Of The Acolyte waren ihm viele neue Song-Ideen gekommen, und er wollte natürlich, dass ein angemessener Teil dieser Ideen entweder von Genesis umgesetzt würden oder aber er die Gelegenheit bekomme, weitere Soloalben zu machen. Letzterem stand der Rest der Band aber sehr kritisch gegenüber. Andererseits fanden viele von Steves musikalischen Ideen keinen Zuspruch in der Band, weil sie zu weit entfernt davon waren, was Tony, Mike und Phil mit Genesis im Sinn hatten. Wie dem auch sei, Steve nahm mit Genesis Wind & Wuthering auf und ist, zumindest wenn man sich die Credits ansieht, auf diesem Album nicht unterrepräsentiert. Die folgende Welttour sollte für Steve dann allerdings doch die letzte mit Genesis sein.

Mitte Juni '77 hatten Genesis ihre vier Auftritte in Paris aufnehmen lassen, und nach Abschluss der Tour, zwei Wochen später, begann man das Material im Studio zu sichten und abzumischen. Eines Tages gab Steve den anderen dann seinen Ausstieg bekannt. Steve hatte sich schon sehr lange damit beschäftigt, ob er diesen Schritt tun sollte oder nicht, und der Rest der Band wußte dies auch. Das neue Livealbum Seconds Out war bei seiner Entscheidungsfindung vielleicht auch ausschlaggebend, denn er war mit dem Mix sehr unzufrieden. Nun, Steve ging, und er hinterließ in den Augen von Tony, Mike und Phil weder die große Lücke, die Anthony oder Peter bei ihrem Weggang in das Bandgefüge gerissen hatten noch waren sie überrascht über Steves Entscheidung. Irgendwie war er doch nicht so fest wie sie mit der Band verwachsen. Er war stets ein wenig auf Distanz zu den anderen und rutschte somit oft in eine Außenseiterrolle. Diese Rolle machte ihm sicher auch selbst keinen Spaß, und ab einem gewissen Punkt, der im Sommer 1977 erreicht war, wollte er daraus ausbrechen und beschloss, eigene Wege zu gehen.

Für Steve bedeutete dies in der Folge, dass er seine eigenen Ideen verwirklichen konnte. Dass diese mit den Tendenzen von Genesis nicht leicht zu vereinbaren gewesen wären, wurde bei den folgenden Soloalben klar. Allerdings war der Preis, den Steve für seine Eigenständigkeit zu zahlen hatte, ein sehr viel geringerer (kommerzieller) Erfolg als der seiner Ex-Band. Diese entwickelte sich nach seinem Weggang langsam zur Supergroup und landete unzählige Hits. Steve hingegen backt seitdem mehr oder weniger kleine Brötchen für seine Fangemeinde, die der Genesis-Ära bis 1977 auch heute noch nachweint. Dies vielleicht zu Recht, denn mit jedem Ausscheiden eines festen Bandmitglieds verlor Genesis einen Teil seines musikalischen Spektrums. Das war 1977 so und so ist es auch heute, zwanzig Jahre später, wenn, wie bei Calling All Stations, Drummer zwar auf einem Genesis-Album spielen, aber die Songs nicht mitkomponieren. Ganz sicher würde es dem Sound von Genesis auch nicht schaden, wenn wieder ein „festangestellter” Gitarrist Mike und Genesis nicht nur live unterstützen würde.




Epilog 2012

Weitere 15 Jahre später haben Genesis eine mäßig erfolgreiche Neuformierung und eine sehr gelungene Abschiedstournee in kleiner Reunion-Besetzung hinter sich. Ob von der Band noch einmal ein Lebenszeichen in Sachen Album oder Liveshow kommen wird, ist mehr als fraglich. Steve hingegen scheint auf den Ruhestand noch lange keine Lust zu haben. Er hat in diesen 15 Jahren fleißig an seiner Karriere gefeilt und war damit trotz aller privaten Probleme - oder vielleicht gerade deswegen - sehr kreativ und in seinem Rahmen auch kommerziell erfolgreich. Was dabei besonders auffällt, ist Steves kontinuierliche Rückbesinnung auf seine ehemalige Band, sei es bei den Liveshows oder ganz aktuell bei der zweiten Auflage von Genesis Revisited. Während also Collins, Banks und Rutherford einen Schlussstrich unter Genesis gezogen haben und die eigenen Soloprojekte auch nicht mehr automatisch in den Charts landen, halten aktuell nur noch die "Aussteiger" Peter Gabriel und Steve Hackett den Geist von Genesis erfolgreich am Leben: Peter eher visuell und zeitgemäß, Steve eher musikalisch und retrospektiv - beides dürfte aber die Fans von 1971-1977 mehr erfreuen als moderne Pop- oder Orchester-Alben.


Autor: Helmut Janisch
Fotos: unbekannt

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